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Österreich und Ungarn erhalten weniger russisches Gas

2. Januar 2006

Der russische Gasboykott, der ausschließlich die Ukraine treffen sollte, schwappt nun auch in weitere Länder der Europäischen Union. Auf diplomatischen Kanälen mischt sich zudem die US-Regierung in den Streit ein.

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Krisensitzung des ukrainischen Kabinetts von Präsident Viktor JuschtschenkoBild: AP

Der Stopp der russischen Gaslieferungen an die Ukraine traf am Sonntagabend (1.1.2006) auch Österreich und Ungarn. Das ungarische Energieunternehmen MOL teilte in Budapest mit, die Lieferungen über die durch die Ukraine laufenden Pipelines seien um ein Viertel zurückgegangen. Der österreichische Energieversorger OMV meldete einen Rückgang um ein knappes Fünftel.

Ein MOL-Sprecher teilte mit, Großkunden wie Kraftwerke seien gebeten worden, ab Montagmorgen um 6.00 Uhr auf Öl oder andere Brennstoffe umzustellen. Privathaushalte seien von der Verknappung nicht betroffen. Eine Sprecherin des österreichischen Energieversorgers OMV sagte am Sonntagabend der Nachrichtenagentur APA, man habe aber genug Vorräte, um den Lieferausfall "für längere Zeit" auszugleichen.

Auch Polen und die Slowakei meldeten einen Rückgang der russischen Gaslieferungen über die Ukraine. Polen, über dessen Staatsgebiet die Pipelines nach Deutschland führen, berichtete von einem Druckabfall in den Leitungen. Das Wirtschaftsministerium versicherte aber, Polen verfüge über ausreichende Vorräte. Die Verbraucher würden von dem Ausfall nichts merken.

Warnsignal aus Washington

Unterdessen schaltete sich auch die US-Regierung in den Gas-Boykott Russlands ein. Die Einstellung russischer Erdgaslieferungen an die Ukraine sei bedauerlich, der "plötzliche Schritt schafft Unsicherheit im Energiesektor der Region", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Sean McCormick, am Sonntag in Washington. Zwar befürworteten auch die USA einen Übergang zu Weltmarktpreisen. Diese Anpassung müsse jedoch über einen gewissen Zeitraum erfolgen statt plötzlich und einseitig. Es stelle sich die Frage, ob mit Hilfe der Energieversorgung missbräuchlich politischer Druck ausgeübt werden soll. Die USA setzen sich weiter für eine Einigung zwischen Moskau und Kiew ein.

Die Ukraine will im Streit um drastisch erhöhte Bezugspreise für russisches Gas europäische Experten zu Rate ziehen. "Wir werden unabhängige Fachleute einladen, die sich in den Konflikt einmischen könnten und uns ihre Einschätzung mitteilen", sagte Regierungschef Juri Jechanurow am Sonntagabend in Kiew. Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko bezeichnete den Preis von 230 Dollar (195 Euro) je 1000 Kubikmeter als "inakzeptabel". Man müsse neu verhandeln, forderte er. Bis Ende vorigen Jahres lag der Preis bei etwa 50 Dollar. Kiew erklärte sich bereit, maximal 80 Dollar zu zahlen.

Russische Vorwürfe

Die Gasprom-Führung erhob schwere Vorwürfe gegen die Regierung in Kiew. "Von Anfang an waren sie darauf aus, ab dem 1. Januar illegal Gas abzuzapfen oder genauer gesagt zu stehlen", betonte der Gasprom- Sprecher Sergej Kuprijanow. Dafür gebe es Beweise. Der ukrainische Regierungschef Juri Jechanurow widersprach am Sonntagabend dem Diebstahl-Vorwurf. Der Energieversorger Neftegas Ukrainy teilte in Kiew mit, man habe Gasprom rechtzeitig einen Vertragsentwurf geschickt, in dem "marktgerechte Preise" fixiert worden seien. Kiew hatte zuletzt Anspruch auf 15 Prozent des russischen Gases als Transitgebühr erhoben.

Die Ukraine will bis zum Abschluss eines neuen Liefervertrages mit eigenen Vorkommen sowie mit Exporten aus Turkmenien über die Runden kommen. (mas)