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Mazedonien hofft auf Investoren

Roman Leskovar/Jan Pallokat 21. Dezember 2005

Mazedonien ist offizieller EU-Beitrittskandidat, der Weg zur Mitgliedschaft ist aber noch lang. Vor allem der Wirtschaft geht es noch schlecht - sie hofft auf Investoren aus dem Ausland.

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Der Obstanbau in Mazedonien geht gut, der Rest der Wirtschaft wächst aber nicht.Bild: dpa

Eine nagelneue Verpackungsanlage presst Orangensaft in Flaschen: Mitten im fruchtbaren Tal rund um die mazedonische Hauptstadt Skopje hat der slowenische Saft- und Marmeladenhersteller "Fructal" seinen ersten Standort außerhalb der Heimat eröffnet. Fructals Heimat Slowenien, das war der nördlichste Teil Jugoslawiens. Das Land ist bereits in der EU. Mazedonien hingegen, ganz im Süden des früheren Tito-Staates, hat noch einen langen Weg dorthin. Jernej Murn, Fructal-Manager in Mazedonien, stört das nicht: "Der Hauptgrund hierher zu kommen war, sich eine Dependance außerhalb der EU zu suchen. Es ist außerdem das Zentrum der hiesigen Region. Die Käufer kennen hier einfach unsere Marke sehr gut." Doch auch die niedrigen Lohnkosten haben den Unternehmer nach Mazedonien gelockt. Nicht zu toppen seien auch die Preise der Früchte. "Die sind hier einfach sehr günstig“, sagt Murn.

Standort Mazedonien: niedrige Lohnkosten

Direkt draußen vor dem Fabrikgelände stehen die ersten Pfirsichbäume. Zwölf Millionen Liter Saft produziert Fructal hier pro Jahr – bedruckt sind die Tüten in den Sprachen des Südbalkans, die zumindest hier einträchtig beieinander stehen. Von hier aus beliefert der Hersteller auch Albanien, Bosnien oder Serbien-Montenegro. Mazedonien mit seinem milden Klima war schon im alten Jugoslawien die Obstkammer des Landes. Umgekehrt kamen technische Geräte wie Waschmaschinen aus Slowenien, erzählt die Geschäftsfrau Natra Dimitrioska. Seit der Unabhängigkeit sei das aber anders, man habe eben nicht mehr alle Industrien. "Jetzt gibt es Grenzen. Die Landwirte klagen, dass nicht genügend ausgeführt wird wie beispielsweise Paprika oder Tomaten. Da sind Zölle zu bezahlen. Das alles hat einen Einfluss auf die Wirtschaft."

Die Nachteile seien immer noch zu spüren – die mazedonischen Anbieter hätten eben keinerlei Erfahrung darin, im Ausland Kunden zu werben. Umgekehrt versucht Frau Dimitrioska, Fertigungsaufträge ins Land zu holen. Ihre Agentur „Global Plus“ sucht den Kontakt zu westlichen Textilfirmen, die in Mazedonien zu günstigen Preisen

produzieren lassen wollen. Doch die Akquise ist mühsam, sagt sie – zumal nicht nur Mazedonien, sondern auch andere Staaten der Region mit niedrigen Lohnkosten aufwarten können.

Vertrauen kehrt nur langsam zurück

Mazedonien: Die Kämpfe gehen weiter
Die Kämpfe zwischen albanischen und slawischen Mazedoniern sind beigelegt - das Land gilt aber immer noch als Krisenherd.Bild: AP

Anderswo bringen ausländische Investoren nicht nur Kapital, sondern auch Know-how in die ehemals sozialistischen Staaten. Um Mazedonien machen sie immer noch einen Bogen - wie um weite Teile des West-Balkans, weil er noch immer als gefährlich gilt. Dabei haben sich slawische und albanische Mazedonen bereits vor vier Jahren im Vertrag von Ohrid auf ein friedliches Nebeneinander geeinigt, seither blieb es weitgehend ruhig. Doch von der Gewalt zerstörtes Vertrauen kehrt nur langsam zurück, beobachtet Christian Lüdtke Wöstman, Vertreter der deutschen Förderbank KfW in Skopje. "In Deutschland sieht man das nicht sehr differenziert: Da sieht man, dass irgendwo ein paar Panzer stehen, und dann ist gleich das ganze Land tabu." Das entspreche aber nicht der Wirklichkeit, denn "Mazedonien ist sehr stabil, es ist ruhiger als in vielen Regionen Deutschlands". Mazedonien müsse deshalb vor allem an seinem Image arbeiten und dies auch nach außen darstellen und klarmachen. Dabei spiele dann aber auch die Entwicklung der Lage im Kosovo eine Rolle.

Trotz Frieden, keine Investoren

Zumal die Kosovo-Provinzhauptstadt Pristina nur 100 Kilometer entfernt ist. Inzwischen wächst in Mazedonien die Ungeduld. Wir haben gegenüber unserer albanischen Minderheit auch auf westlichen Druck hin große Zugeständnisse gemacht – wo bleiben nun die Investoren, fragen sie sich. Audi hatte vor Jahren erwogen, eine Produktion zu starten, wurde aber von Regierungsfehlern wieder vergrault. Doch Hoffnungen machen gar nicht die großen Konzerne aus dem Westen – es sind eher kleinere Betriebe aus dem einstigen jugoslawischen Bruderland Slowenien - wie jener Safthersteller Fructal -, die Mazedonien wieder entdecken, wobei ihnen hilft, dass sie Land und Leute gut kennen.

Griechenland: größter ausländischer Investor

Die noch unterentwickelte Börse in Skopje erlebte dieses Jahr einen Kurs- und Liquiditätsschub, der vor allem von Anlegern aus dem viel reicheren Slowenien angeführt wurde. Und obwohl das benachbarte Griechenland wegen eines Streits um den Landesnamen nicht spannungsfrei mit dem kleineren Nachbarn lebt, sind die Griechen inzwischen der größte ausländische Investor im Land. Sie sind etwa im Bankenbereich stark aktiv. Womöglich kann die Wirtschaft auch anderswo auf dem Balkan bald Brücken bauen, noch bevor die Politik es tut.