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EU-Perspektive wichtig für Lösung der Kosovo-Frage

1. Dezember 2005

In Berlin hat eine Tagung über die EU-Annäherung Südosteuropas stattgefunden. Thema war auch der künftige Status des Kosovo. Ohne eine EU-Perspektive für den Balkan sei hier keine Lösung möglich, hieß es.

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Europäische Perspektiven für den Balkan

"Ich denke, dass es etwas sein wird, dass ich ‘begrenzte Souveränität‘ nennen würde." Michael Schäfer, der Politische Direktor im Auswärtigen Amt, schilderte mit diesen Worten am vergangenen Wochenende in Berlin seine Vorstellung über den möglichen Ausgang der Kosovo-Gespräche. Dies ergebe sich aus den leitenden Grundsätzen, die zuvor die Balkan- Kontaktgruppe und später der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen genehmigt hätten, sagte der deutsche Diplomat bei der öffentlichen Auftaktveranstaltung einer Klausurtagung über „EU-Erweiterung und die Zukunft Südosteuropas“.

Keine aufgezwungene Lösung

Die Lösung werde keiner der Parteien aufgezwungen werden, betonte der deutsche Diplomat. Er wies unter anderem darauf hin, dass es außer den Albanern im Kosovo und den von Belgrad repräsentierten Serben, noch eine dritte Seite der Betroffenen gäbe, die Aufmerksamkeit verdiene. Gemeint war die Gruppe der Serben, die sich nicht mit Belgrad identifizierten. "Diese sind daran interessiert, eine Zukunft zu schaffen, die ihnen und ihren Familien physische und psychische Sicherheit gewährleistet. Es sind ihre Interessen, die respektiert und verteidigt werden müssen, denn sie sind die Gruppe der Betroffenen mit der schwächsten Lobby", so Schäfer. So schwierig es auch für den finnischen Vermittler Ahtisaari sein werde, eins sei klar, am Ende werde die Lösung nur das Resultat eines Konsenses sein, sagte Schäfer.

Belgrader Grundprinzipien

Wie es dazu kommen wird, kann der Vize-Premierminister Serbiens, Miroljub Labus, nicht sagen. Der Chef der Koalitionspartei G17 gehört zwar nicht dem dreizehnköpfigen Verhandlungsteam von Premier Vojislav Kostunica an, leitet jedoch die serbische Delegation bei den Verhandlungen für das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU, die am 10. Oktober aufgenommen wurden. Zur offiziellen Ausgangsposition Belgrads, die am Freitag dem UN-Chefunterhändler Martti Ahtisaari bekannt gegeben wurde, sagte er DW-RADIO: "Für den Anfang des Prozesses haben wir nur unsere Grundsätze dargelegt. Die sind: die Souveränität und die territoriale Integrität Serbiens einerseits und die Menschenrechte andererseits. Sicherlich müssen wir ein richtiges Gleichgewicht zwischen diesen beiden Prinzipien finden, damit wir zu einer Vereinbarung gelangen, die eine stabile Lösung für die gesamte Region bringt."

Dass es zu einer freiwilligen Vereinbarung zwischen Serbien und den auf Unabhängigkeit pochenden Kosovo-Albanern kommen kann, glaubt der serbische Politologe Jovan Teokarevic nicht. Ohne entsprechenden Druck seitens der EU und NATO, sagt er, werde es keine Lösung geben. "Die Unterschiede zwischen den beiden Optionen, die zur Diskussion stehen, sind so groß, dass sie alleine keine Lösung erzielen werden. Am Ende werden sich die lokalen Akteure doch an die EU und NATO wenden und darum bitten, dass diese die Akzeptanz einer Lösung oder einen Teil der Lösung aufzwingen." Teokarevic rechnet damit, dass zwar Ende 2006 schon der Lösungsansatz feststehen, doch dessen Implementierung erst in zehn oder fünfzehn Jahren vollzogen werde, wenn Kosovo als "letztes Land der EU beitritt."

EU-Perspektive entscheidend

Ohne die Perspektive der EU-Mitgliedschaft wird es kaum zu einer Lösung kommen, darin waren sich sämtliche Teilnehmer einig. Der Koordinator des Südosteuropa-Stabilitätspaktes, Erhard Busek, der eine der Podiumsdiskussionen leitete, formulierte es so: "Die EU-Perspektive ist von entscheidender Bedeutung. Denn es kann sein, dass am Ende ein Kalender herauskommt, dass das Problem hinsichtlich der Eigenstaatlichkeit geringere Bedeutung hat, wenn alle in der EU sind."

Erweiterungspolitik ist Friedenspolitik

Zu war die Tür am zweiten Konferenztag für die Medien. Wie aber Teilnehmer am Ende berichteten, ging es in der Diskussion, zu der die in München ansässige Südosteuropa Gesellschaft und das Auswärtige Amt eingeladen hatten, offen und kontrovers zu. Der neue Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, der als Präsident der Südosteuropa-Gesellschaft die Tagung leitete, sicherte weitere deutsche Unterstützung für eine Vollmitgliedschaft der Balkanstaaten in der EU zu. Gegenüber DW-RADIO sagte Erler: "Die deutsche Position ist, wir bleiben bei den Angeboten. Wir setzen das fort. Für uns ist die Erweiterungs- und Integrationspolitik Friedenspolitik, zu der es keine Alternative gibt."

Anila Shuka

DW-RADIO/Albanisch, 28.11.2005, Fokus Ost-Südost