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China warnt Russland vor Umweltkatastrophe

24. November 2005

China hat Russland vor einer Umweltkatastrophe im nordostchinesischen Fluss Songhua gewarnt, der über die Grenze und weiter in den russischen Fluss Amur fließt. Behördenvertreter sprachen von "großer Verschmutzung".

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Das Trinkwasser in Harbin kommt jetzt aus der FlascheBild: dpa

Das auf 80 Kilometer mit hohen Konzentrationen Benzol und Nitrobenzol vergiftete Flusswasser erreichte am Donnerstag (24.11.2005) die Metropole Harbin in Nordostchina. Sie ist eine der größten Städte des Landes. Die vier Millionen Einwohner müssen ohne Leitungswasser auskommen, weil die Behörden am Mittwoch aus Angst vor Vergiftungen die Wasserversorgung eingestellt hatten.

Als klare Flüssigkeit ist Benzol im Wasser nicht erkennbar. Zudem ist es leicht flüchtig und kann auch durch Einatmen lebensgefährliche Stoffwechselstörungen auslösen. Die lokalen Behörden ermahnten die Menschen, umgehend auf Vergiftungssymptome zu reagieren und die bereitgestellten Kapazitäten in den Krankenhäusern der Stadt zu nutzen.

Russland verärgert

Chemieunfall in China, Harbin
Arbeiter versuchen zerstörte Röhren einer Chemie-Anlage in Jilin zu reparieren - 10.000 Menschen wurden von dort evakuiertBild: dpa

Das Außenministerium in Peking sicherte Russland zu, die Lage genau zu beobachten und jede Veränderung sofort zu melden, damit die russischen Behörden umgehend reagieren könnten. Die Verwaltung der russischen Stadt Chabarowsk befürchtet eine Verseuchung ihres Trinkwassers, da der Songhua an der russisch-chinesischen Grenze in den Fluss Heilong mündet. Durch die Umweltkatastrophe könne das Trinkwasser für 1,5 Millionen Menschen in der Region verseucht werden, darunter die 650.000 Einwohner von
Chabarowsk.

Der Leiter der chinesischen Umweltschutzbehörde spielte die Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung in Russland herunter. Der Benzol-Teppich werde die russische Grenze erst in zwei Wochen erreichen. Bis dahin werde der Giftgehalt im Wasser weiter sinken, sagte Lijun Zhang. Nach Angaben des Außenministeriums in Peking wurde allerdings eine Telefonhotline zwischen beiden Staaten eingerichtet.

Undurchsichtige Informationspolitik


Indirekt wurde den chinesischen Behörden vorgeworfen, das Nachbarland nicht schnell genug über den Unfall informiert zu haben. Das Unglück soll sich bereits am 13. November ereignet haben. Dabei kamen fünf Menschen ums Leben, mehr als 10.000 wurden evakuiert. Auslöser der Explosion war nach Behördenangaben menschliches Versagen.

Die Behörden in Harbin versuchten derweil weiter, aus Nachbarregionen Trinkwasser mit Lastwagen in die Stadt zu bringen. Auch wurden neue Brunnen gebohrt. Lastwagen fuhren massenweise Wasserflaschen in die Stadt. Dennoch haben nicht alle Einwohner genug Wasservorräte für die Unterbrechung der Wasserversorgung. Die in der Nacht zum Mittwoch begonnene Unterbrechung sollte mindestens vier Tage dauern. Das bedeutet, die Einwohner der Stadt werden voraussichtlich einen Tag lang ohne Wasser sein - unter Umständen auch länger, falls die Folgen des Chemie-Unglücks noch größer sind als bisher absehbar.

Notfallpläne

Der Abschnitt mit dem giftigen Wasser wird nach Einschätzung von Experten 40 Stunden brauchen, um die Stadt zu passieren. "Danach müssen wir versuchen, das Trinkwasser so schnell wie möglich zu desinfizieren", sagte der Direktor des Wasseramtes von Harbin, Shi Zhongxin.

Umweltkatastrophe in China
Besorgte Bürger am FlussuferBild: AP

Um die Zeit zu überbrücken wollen die Behörden auch in den nächsten Tagen versuchen, abgefülltes Wasser aus anderen Städten nach Harbin zu bringen. Die Schulen bleiben bis auf weiteres geschlossen. Aus Angst versuchten viele Menschen bereits, mit der Bahn oder dem Flugzeug die Stadt zu verlassen. Reisebüros meldeten, dass keine Fahrscheine mehr für Züge zu bekommen seien. Bahnhöfe und Flughäfen waren überfüllt. "Alle wollen raus aus Harbin und es ist sehr schwierig, Fahrkarten zu bekommen", sagte der Manager einer Fabrik. Notfallpläne für 15 Krankenhäuser der Stadt wurden entworfen, um sich auf eventuelle Vergiftungen vorzubereiten, berichteten amtliche Medien. (mas/stl)