1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Neue Regelung für Chemikalien in der EU

17. November 2005

Lange war um den künftigen Umgang mit Chemikalien in der EU gestritten worden. Nun wurde ein Durchbruch im Konflikt zwischen Verbraucherschutz und Industrie erzielt.

https://p.dw.com/p/7THX
Mehr Kontrollen für chemische StoffeBild: dpa - Bildfunk

Das Europäische Parlament hat eine industriefreundliche Version einer Chemikalien-Verordnung verabschiedet, die den Umgang mit gefährlichen Chemikalien regelt. Umfang und Regelungen des ursprünglichen Entwurfs wurden in zahlreichen Änderungsanträgen reduziert und abgemildert. Mit der Verordnung zur Registrierung, Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien (REACH) soll die chemische Industrie die Unbedenklichkeit ihrer Stoffe nachweisen müssen.

Die EU-Chemikalienverordnung soll dafür sorgen, dass auch 30.000 bislang weitgehend unkontrolliert verwendete Stoffe aus der Zeit vor 1981 getestet und registriert werden. Damit soll der Gesundheits- und Umweltschutz verbessert werden. Gegen die ursprünglichen Vorschläge der Kommission war die Industrie Sturm gelaufen und hatte vor dem Verlust zahlreicher Arbeitsplätze gewarnt.

Nachweis der Unbedenklichkeit

Kern der Verordnung ist, dass die chemische Industrie die Unbedenklichkeit ihrer Stoffe nachweisen muss, ehe diese auf den Markt kommen. Dazu ist die Registrierung von bis zu 30.000 Stoffen bei einer EU-Chemikalienagentur geplant. Bislang mussten die Behörden beweisen, dass ein Stoff gefährlich ist, um dessen Produktion zu untersagen.

Um vor allem kleinere und mittlere Unternehmen nicht zu sehr zu belasten, sieht der Vorschlag der britischen Ratspräsidentschaft vor, dass für Stoffe, die in einer Menge bis zu zehn Tonnen pro Jahr hergestellt werden, eine geringere Datenmenge eingereicht werden muss. Dies sieht auch der Vorschlag der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) und der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) vor. Zutreffen würde dies auf bis zu 20.000 Substanzen. Nur wenn gesichert ist, dass ein Stoff krebserregend ist, müsste die gesamte Datenmenge geliefert werden.

Geringere Datenmengen

Auch bei Stoffen, deren Produktionsmengen sich zwischen zehn und 100 Tonnen pro Jahr bewegen, sind geringere Datenmengen vorgesehen als im ursprünglichen Kommissionsvorschlag. Die Kosten, die auf die Industrie pro Substanz zukommen könnten, bewegen sich zwischen 20.000 und 400.000 Euro, je nach dem, wie viele Daten geliefert werden müssen.

Zur Entlastung der Industrie beitragen soll auch der Vorschlag von Präsidentschaft sowie EVP und SPE, wonach jede Substanz nur einmal registriert werden muss. Danach könnten sich verschiedene Hersteller zusammenschließen und die Informationen gebündelt an die übergeordnete EU-Agentur weiterleiten. Dieses Instrument soll auch dem Ziel dienen, die Zahl der Tierversuche für die Tests der Chemikalien möglichst gering zu halten. Andere Streitpunkte wie das Genehmigungsverfahren bleiben damit weiter offen.

Forderungen der Industrie

Der CDU-Abgeordnete Hartmut Nassauer verteidigte den von ihm ausgearbeiteten Kompromiss. Die Tests kosteten bis zu 200.000 Euro, sagte er. "Wir müssen an die Wettbewerbsfähigkeit denken." Der Kompromiss sehe vor, den Testaufwand an das von einem Stoff ausgehende Risiko zu knüpfen. Zugleich bleibe es beim ursprünglichen Ziel, dass künftig Hersteller und Verwender von Stoffen die Verantwortung für den sicheren Umgang mit den Chemikalien und die Beschaffung von Daten tragen.

Grüne und Linksparteien warfen Nassauer und dem sozialdemokratischen Co-Autor des Kompromisses, Guido Sacconi, vor, die Forderungen der deutschen Industrie übernommen zu haben. Solange die Stoffe nicht getestet seien, lasse sich über die Gefährlichkeit gar nichts sagen. Deshalb dürfe der Testaufwand nicht an der Gefährlichkeit ausgerichtet werden. Vielmehr müsse umfassend getestet werden.

Deutschland als größter EU-Standort

Nach der Annahme des Vorschlags ist nun der EU-Ministerrat am Zug. Auf Wunsch Deutschlands wird der Ministerrat aber nicht wie zunächst geplant Ende November abstimmen. Mit Verweis auf die andauernde Regierungsbildung in Berlin hatte die noch amtierende Bundesregierung um eine Verschiebung der Abstimmung gebeten. Deutschland ist in der EU der größte Chemie-Standort. (mik)