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Hilfe! Europa wird verrückt!

Bernd Riegert, Brüssel19. Oktober 2005

Die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn ist schmal. Das zeigt sich auch in der Europäischen Union: Einer von vier EU-Kommissaren ist nicht ganz bei Sinnen - statistisch zumindest.

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Bernd Riegert

"Mehr als ein Viertel aller erwachsenen EU-Bürger ist psychisch gestört." Mit dieser alarmierenden Meldung erschütterte die EU-Kommission das Selbstvertrauen der konsumfaulen und pessimistischen EU-Bürger vollends. Nach einem so genannten "Grünbuch" der Kommission leiden die Europäer vor allem unter starken Depressionen, die jährlich in rund 58.000 Selbstmorde mündeten.

Gefährdete Finnen

Ein Raunen ging durch die langen Flure der EU-Kommission als Gesundheitskommissar Markos Kyprianou verkündete, dass jeder vierte Beamte oder Kommissar, rein statistisch gesehen, einen an der Waffel hat. Von den 25 EU-Kommissaren sind also - rein rechnerisch - sechs bis sieben psychisch krank, wobei Alkoholabhängigkeit, Platzangst und zwanghaftes Handeln mitgezählt werden. Kyprianou, der aus Zypern stammt, hat noch gut lachen, denn auf der sonnigen Mittelmeerinsel liegt die Selbstmordrate erheblich niedriger als im EU-Durchschnitt. Ganz düster sieht es dagegen - statistisch - für die litauische Haushalts-Kommissarin Dalia Grybauskaite aus. Ihre Landsleute wählen mit großem Abstand vor anderen EU-Bürgern am häufigsten den Freitod als letzten Ausweg.

Überhaupt ist es im Norden schlimmer: Finnen werden vierzigmal sooft in die Klapsmühle eingeliefert wie Portugiesen. Das könnte aber auch daran liegen, dass es in Finnland einfach mehr psychatrische Kliniken gibt als in Portugal. Die Deutschen schneiden in der Selbstmordstatistik noch relativ gut ab, obwohl sie sich sonst in allen Umfragen über Europa oft als schwermütig outen.

Zentralismus

Die EU-Kommission will nun unbedingt einen "Aktionsplan" aufstellen, um die psychische Gesundheit ihrer Schäfchen zu verbessern. Bis Mai 2006 dürfen alle Bürger (auch die bereits erkrankten) Vorschläge per Internet einreichen, wie dem Wahnsinn begegnet werden kann. Warum die EU-Kommission die Gesundheitsvorsorge nicht einfach den Mitgliedsstaaten überlässt, zumal die Gründe für manische Depressionen und Tablettensucht zwischen Irland und Griechenland sehr unterschiedlich sind, bleibt ein Rätsel. Dazu heißt es im dickleibigen Grünbuch nur, "...die EU muss für alle Bürger Sorge tragen..." und es müsse "...einen grenzüberschreitenden Erfahrungsaustausch..." geben.

Galoppierende Regulitis oder Regelungswut hat offenbar wieder einmal die Kommission gepackt, aber das ist, glaube ich, keine offizielle Störung. Mit Fördermitteln der Europäischen Union könnte man endlich auch eine Fortsetzung des amerikanischen Klassikers mit Jack Nicholson drehen. Titel: "Barroso flog über das Kuckucksnest."