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Kurzer und heftiger Prozessauftakt für Saddam Hussein

19. Oktober 2005

Nach drei Stunden war der erste Tag vor Gericht beendet. Der ehemalige irakische Präsident muss sich vor einem Sondertribunal in Bagdad verantworten. Der Prozess begann mit Vorwürfen.

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"Ich bin nicht schuldig"Bild: AP

"Ich erkenne dieses so genannte Gericht nicht an, bei allem Respekt", sagte der 68-jährige Ex-Präsident, kaum dass er in den streng gesicherten Verhandlungssaal in der ehemaligen Zentrale seiner Baath-Partei geführt worden war. "Ich behalte mein verfassungsmäßiges Recht als Präsident des Iraks." Zu der Anklage eines Massakers an mehr als 140 Schiiten erklärte sich Saddam Hussein für unschuldig.

Zuvor hatte er den Vorsitzenden Richter Risgar Mohammed Amin angeherrscht: "Wer sind Sie? Ich möchte wissen, wer Sie sind." Als Amin den Angeklagten als "ehemaligen Präsidenten" bezeichnete, erntete er scharfen Protest. Nach der Verlesung der Anklageschrift erklärte Saddam Hussein mit ruhiger Stimme: "Ich habe gesagt, was ich gesagt habe. Ich bin nicht schuldig."

Der Vorsitzende Richter Risgar Mohammed Amin vertagte den am Mittwoch (19.10.05) begonnenen Prozess bis zum 28. November.

Todesstrafe droht

Neben Saddam Hussein müssen sich in dem Verfahren sieben weitere Angeklagte verantworten: Sein einstiger Vizepräsident Taha Jassin Ramadan, der frühere Geheimdienstchef Barasan Ibrahim, der Vorsitzende des Irakischen Revolutionsgerichts, Awad Hamed al Bandar, und vier Funktionäre der Baath-Partei aus der Region Dudschail. Sie alle müssen sich wegen eines Massakers in der schiitischen Ortschaft Dudschail im Jahr 1982 verantworten. Im Falle eines Schuldspruchs droht den acht Angeklagten die Todesstrafe. Sie könnte allerdings ausgesetzt werden, um weitere Verfahren gegen Saddam Hussein zu ermöglichen.

Die Angeklagten saßen in zwei Stuhlreihen direkt gegenüber der Richterbank, die Verteidiger zu ihrer Rechten. Auf der anderen Seite führten die Staatsanwälte das Wort. Das Gebäude ist von drei Meter hohen Sprengschutzmauern umgeben und wurde von amerikanischen sowie irakischen Soldaten gesichert. Es befindet sich in der abgesicherten Grünen Zone in Bagdad, in der auch die Regierung ihren Sitz hat und die meisten ausländischen Botschaften angesiedelt sind.

Verzögerungstaktik

Saddam Husseins Anwalt Chalil al Dulaimi erklärte vor dem Prozess, er werde eine Vertagung des Verfahrens um mindestens drei Monate beantragen. Dies solle eine bessere Vorbereitung der Verteidigung und die Mitarbeit von arabischen und westlichen Anwälten ermöglichen. Das Gericht sei verfassungswidrig, weil es unter der völkerrechtswidrigen US-Besatzung eingesetzt worden sei, sagte der Anwalt.

Geringes Interesse bei Bush

Der weltweit beachtete Prozess stößt bei US-Präsident George W. Bush nach Angaben des Weißen Hauses nur auf geringes Interesse. Bush habe über den Fall in letzter Zeit nicht gesprochen und sein Augenmerk auf eine Reihe anderer Fragen und Prioritäten gerichtet, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan. Es handele sich um ein irakisches Verfahren. Die USA hätten das Sondertribunal mit Rechtsexperten und technischer Hilfe unterstützt, damit internationale Rechtsstandards eingehalten würden. (kas)