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Sudanesen glauben bei Garangs Absturz an Absicht

2. August 2005

Nach dem Tod des sudanesischen Vizepräsidenten John Garang soll sein Stellvertreter Salva Kiir seine Ämter übernehmen. Doch das Land wird unruhig: Viele glauben, Garangs Hubschrauberabsturz sei ein Anschlag gewesen.

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John Garangs Nachfolger steht fest - die Unruhen gehen weiterBild: dpa

Die "Sudanesische Volksbefreiungsarmee" (SPLA) hat mit John Garang ihren langjährigen Anführer verloren. Er starb am Sonntag (31.7.2005) bei einem Hubschrauberabsturz. Nun hat die frühere Rebellenbewegung Garangs Stellvertreter Salva Kiir zum Nachfolger gewählt. Ein Sprecher erklärte am Montagabend in New Site (Südsudan), die Gremien der SPLA hätten sich einstimmig für Kiir ausgesprochen. Nach dem Willen der Organisation soll Kiir auch Nachfolger Garangs im Amt des Vizepräsidenten des Sudan werden.

Eine Delegation der sudanesischen Regierung reiste nach New Site, um mit Kiir über die weitere Umsetzung des Friedensprozesses zu beraten. Kiir war lange Jahre Stabschef der Rebellenarmee und sowohl ein enger Vertrauter als auch ein Rivale Garangs.

Tote und brennende Autos

Unterdessen lieferten sich aufgebrachte Sudanesen in der Hauptstadt Khartum sowie in Dschuba im Süden des Landes Straßenschlachten mit Sicherheitskräften. Viele Einwohner sind überzeugt, dass der Absturz des früheren Rebellenchefs kein Unfall wegen schlechten Wetters war, sondern ein Anschlag. Die Aufständischen setzten am Montag (1.8.2005) Autos und Geschäfte in Brand. Der arabische Sender Al Dschasira sprach von mindestens 36 Toten und 300 Verletzten, nach Angaben von Krankenhäusern waren es mehr als 40. Die Regierung hatte eine nächtliche Ausgangssperre in Khartum verhängt.

In einem Vorort der Hauptstadt Khartum kam es am Dienstag zu neuen Ausschreitungen. Die sudanesische Nachrichtenagentur Suna berichtete, eine Gruppe von Südsudanesen habe nordsudanesische Bewohner angegriffen. Die Polizei gehe mit Hubschraubern gegen die Straßenkämpfe vor. Im Zentrum der Stadt patrouillierten schwer bewaffnete Soldaten

Sudan, Karthun Unruhen nach dem Tod des Vizepräsidenten John Garang
In Khartum zündeten die Aufständischen Autos an. Sie wollen nicht glauben, dass John Garangs Absturz ein Unfall warBild: dpa

"Glaubt nicht den Gerüchten"

Das Staatsfernsehen verbreitete einen Aufruf der Ex-Rebellenbewegung SPLA an die Südsudanesen, Ruhe zu bewahren. "Garang wurde Opfer eines Unfalls, auch wenn es anders lautende Gerüchte über seinen Tod gibt", hieß es in einer Erklärung. "Glaubt nicht denen, die behaupten, dass Garang von denen im Norden umgebracht wurde", sagte ein Dinka-Stammesführer im Fernsehen.

In Khartum und im Südsudan wurden am Dienstagmorgen zwei hochrangige Vermittler aus den USA erwartet. Im Auftrag von US-Präsident George Bush sollen sie Gespräche aufnehmen, um die Fortsetzung des Friedensprozesses zu garantieren. Auch UN-Generalsekretär Kofi Annan und der UN-Sonderbeauftragte für den Sudan, Jan Pronk, sagten ihre Unterstützung zu. Der Vorsitzende der Afrikanischen Union, Alpha Omar Konaré, rief Regierung und SPLA dazu auf, den Frieden zu bewahren und so das Vermächtnis Garangs zu schützen.

Trauer um den Mann des Friedens

Unter Garangs Führung hatten die Rebellen den 20-jährigen Bürgerkrieg zwischen dem islamischen Norden und dem christlich-animistischen Süden beendet. Kofi Annan bezeichnete Garang als einen "Mann, der für den Frieden in einem vereinten Sudan lebte und kämpfte". Die USA äußerten sich "tief traurig" über Garangs Tod. Er werde als "visionärer Führer und wahrer Friedensmacher" in Erinnerung bleiben, sagte Präsidentensprecher Scott McClellan in Washington.

Auch die Bundesregierung in Berlin rief angesichts der Berichte über Unruhen alle politischen Akteure zur Besonnenheit auf. Der Tod von Garang sei "ein schwerer Verlust für den Sudan", erklärte Außenminister Joschka Fischer. Garang habe maßgeblich zum Ende des blutigsten Bürgerkriegs in der Geschichte Afrikas beigetragen.

Garang war erst am 9. Juli 2005 als Vizepräsident und als Chef des autonomen Verwaltungsgebiets Südsudan vereidigt worden. Seine Familie würdigte ihn mit einer Trauerfeier in einer abgelegenen Stadt. (reh)