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Die Mitgliedsstaaten sind gefordert

Das Gespräch führte Marcus Bösch21. März 2005

Karl Theodor Paschke, früherer UN-Generalinspekteur, sprach mit DW-WORLD über die Diskussion zur Reform der Vereinten Nationen.

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Ständiger Sitz im Sicherheitsrat für Deutschland?Bild: dpa

DW-WORLD: International besteht weitgehender Konsens darüber, dass die Vereinten Nationen reformiert werden müssen. Wie beurteilen Sie den Reformbedarf?

Karl Theodor Paschke: Es besteht Konsensus darüber, dass die UNO reformiert werden muss, aber es besteht kein Konsensus darüber, wie die UNO reformiert werden soll. Es wird immer nach der Reform gerufen. Aber dass sehr viele Reformschritte innerhalb der UNO bereits vollzogen worden sind, und zwar immer dann, wenn die Administration selber dazu in der Lage war, das darf man nicht übersehen. Immer dann wenn die Mitgliedsstaaten gefordert sind Entscheidungen zu treffen, dann fängt es schon an zu knirschen.

Zentraler Bestandteil der UN-Reform ist eine Neugestaltung des Weltsicherheitsrates, in dem Deutschland neben weiteren Staaten einen ständigen Sitz haben will. Wird Deutschland diesen ständigen Sitz bekommen?

Ich weiß, dass die Bundesregierung in dieser Frage sehr optimistisch ist. Ich bin nicht ganz so optimistisch, weil ich die Komplexität der Entscheidungsvorgänge der UNO genau kenne. Da es sich dabei um eine Änderung der Charta handelt, müssen zumindest die Parlamente der großen Mitgliedsstaaten diese auch ratifizieren. Und wie das dann in den USA aussieht, da habe ich im Moment keine große Sicherheit.

Kofi Annan hofft darauf, dass die UN-Vollversammlung Mitte September in New York seine Empfehlungen absegnet. Wie groß ist diese Chance?

Ich bin mir nicht sicher, ob es zu einer Global-Abstimmung über das gesamte Reformpaket kommen wird. Wie ich die Mitgliedsstaaten kenne, werden sie sich im Zweifel über die Hälfte der angesprochenen Themen und Vorschläge einig sein können. Mit verschiedensten Verfahren, Verzögerungstaktiken und Tricks wird man eine Abstimmung über das Gesamtpaket hinauszögern. Da bin ich nur gedämpft optimistisch. Die Mitgliedsstaaten vertreten ihre Interessen mit großer Härte.

Das hört sich nicht so an, als ob dieser Entwurf jetzt der große Wurf ist, der die UN fit für das 21. Jahrhundert macht?

Große Reformziele sind nicht erst in diesem Paket zu finden. Die sind bereits in der Millenium-Deklaration aus dem Jahr 2000 angelegt, als sich die UNO aufmachte, ins neue Jahrtausend zu schreiten. Dieser große Wurf von 2000 ist inzwischen keineswegs Realität geworden, sondern wird nur schrittchenweise in die Tat umgesetzt. Das große Projekt ist also seit geraumer Zeit auf dem Tisch - und die Bilanz ist noch relativ bescheiden. Ich bin kein besonderer Optimist in der Frage, ob nun schon wieder eine erneute Reform den großen Wurf darstellen wird.