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Serbien und die EU kommen sich näher

Filip Slavkovic 10. Oktober 2005

Die EU verhandelt mit Serbien-Montenegro über ein Assozierungsabkommen. Der Weg zur europäischen Integration ist allerdings noch lang und mit einigen Hindernissen gepflastert.

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Das Parlamentsgebäude in BelgradBild: AP
Passanten gehen an einem Informationsstand zur Europawahl
Informationsstand zur Europawahl 2004 in BelgradBild: dpa

Fünf Jahre nach dem Sturz des autoritären Präsidenten Slobodan Milosevic hat die Europäische Union dem Staatenbund Serbien und Montenegro Fortschritte im Reformprozess bescheinigt. Am Montag (10.10.2005) beginnen daher offiziell Gespräche über über ein Stabilisierungs- und Assoziierungs-Abkommen. Dies hatten die EU-Außenminister eine Woche zuvor beschlossen.

Am Ende der Verhandlungen steht ein Abkommen, das Serbien und Montenegro zu einem assoziierten Mitglied der EU machen soll. "Der Vertrag wird höhere finanzielle Unterstützung bedeuten," erklärt der EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn. "Doch viel mehr wird er besseren Zugang zu europäischen Märkten und im Endeffekt freien Handel für industrielle und landwirtschaftliche Produkte ermöglichen."

Zusammenarbeit mit dem Strafgerichtshof

Die stellvertretende Ministerin für internationale Wirtschafts-Beziehungen, Jela Bacovic, erhofft sich wichtige Impulse für ihr Land: "Der Verhandlungsprozess soll die Reformen vorantreiben und zur Stärkung der öffentlichen Verwaltung, der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie und zur Öffnung der Märkte führen. Vor allem geht es um die demokratische Entwicklung."

Fahndung nach Radovan Karadzic
Straßensperre im Rahmen der Fahnung nach Radovan Karadzic (2004)Bild: AP

Demokratische Entwicklung - das heißt für Brüssel vor allem: Serbien-Montenegro soll sich offener mit der jüngsten Vergangenheit und seiner Rolle im Jugoslawien-Krieg des vergangenen Jahrzehnts auseinandersetzen. "Der Beginn der Verhandlungen ist jetzt möglich geworden, weil Serbien und Montenegro in den vergangenen Monaten Fortschritte in den Reformen und vor allen Dingen in der Zusammenarbeit mit dem Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien gemacht haben", sagt zum Beispiel der Sprecher des deutschen Auswärtigen Amtes, Jens Uwe Plötner. Wie schnell das Tempo der Verhandlungen sei, hänge ganz wesentlich von Belgrad ab.

Abschluss in neun Monaten?

Serbien müsse alles tun, damit die beiden wegen Völkermordes angeklagte ehemaligen Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadzic und Ratko Mladic, verhaftet werden, so Plötner. Der von Den Haag geforderte Stichtag ist hier der zehnte Jahrestag des Daytoner Friedensabkommens, Ende November. Und die Regierung in Belgrad hat dies zugesichert.

Blick über die Save auf einen Teil der Stadt Belgrad
Blick über die Save auf einen Teil der Stadt BelgradBild: dpa

Insgesamt ist man in Serbien-Montenegro optimistisch, die Verhandlungen in spätestens neun Monaten abschließen und das Assoziierungs-Abkommen unterzeichnen zu können. Das wäre weniger Zeit, als die Regierung in Zagreb für diesen ersten Schritt gebraucht hatte. Seit drei Jahren ist Kroatien mit der EU assoziiert und eröffnet nun konkrete Beitrittsverhandlungen - das ist dann der zweite Schritt nach dem Assoziierungs-Abkommen. Von den ehemaligen jugoslawischen Republiken ist nur noch Bosnien-Herzegowina ohne einen Vertrag mit der EU.

Das sozialistische Jugoslawien übrigens unterschrieb schon vor 22 Jahren ein Kooperationsabkommen mit der damaligen Europäischen Gemeinschaft. Mit dem Zerfall der Föderation 1991 wurde er aufgelöst - damit war auch Abkommen hinfällig.

Dem Land droht der Zerfall

Der jetzige lose Staatenbund Serbien-Montenegro droht ebenfalls zu zerfallen. Nach dem Ende der Milosevic-Diktatur strebte die montenegrinische Regierung sofort die Unabhängigkeit an, stimmte aber schließlich auf Drängen der Europäischen Union einem Staatenbund mit Serbien zu. Die gemeinsame Verfassung sieht eine Volksabstimmung über die Selbstständigkeit der beiden Teile im April 2006 vor. Brüssel fürchtet, ein Ja der Montengriner zur vollständigen Unabhängigkeit könnte die Assoziierungs-Verhandlungen verzögern.

Schröder trifft Präsidenten Marovic
Bundeskanzler Gerhard Schröder den Präsidenten von Serbien und Montenegro, Svetosar Marovic im Dezember 2004 in BerlinBild: dpa - Bildfunk

Noch größere Sorgen bereitet der völkerrechtliche Status des Kosovo. Seit dem Krieg 1999 steht die Provinz mit großer albanischer Bevölkerungsmehrheit und kleiner serbischer Minderheit offiziell unter UNO-Verwaltung. Ende des Monats wird der UN-Sicherheitsrat den Startschuss für Verhandlungen geben. Am Ende - so der Wunsch europäischer Politiker - soll eine bedingte Unabhängigkeit stehen.

Diplomaten hoffen, dass die Aussicht einer schnellen Anbindung an die EU Serbien dazu bewegen dürfte, ihren Anspruch auf Kosovo freiwillig aufzugeben. Wenn einmal alle Länder des Balkans Mitglieder der Europäischen Union sind, so die Leseart in Brüssel und Berlin, werden die Grenzen zwischen den Staaten sowieso keine Bedeutung haben. In Belgrad ist man noch nicht überzeugt und weist solche Überlegungen teilweise als Erpressung zurück.