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Eine gewisse Art von Feindlichkeit

Patrick Tippelt25. Juli 2005

Auch in den Tropen finden sich Asylsuchende, die unerwünscht sind. Thailand ist ein menschenfreundliches Land, tut sich aber schwer mit denen, die nicht dazugehören. Früher waren es Kambodschaner, heute sind es Laoten.

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Im Dauerregen umringen Kleinkinder verängstigt ihre Mütter, die dem Nachwuchs nicht erklären können, warum sie auf einmal aus ihren Häusern geworfen wurden. Die Bilder von Familien, die sich mit ihrer gesamten Habe am Straβenrand wiederfinden, lassen einen 30 Jahre zurückdenken, als der Terror der Roten Khmer (Khmer Rouge) Tausende von Flüchtlingen über die Grenze nach Thailand trieb. Doch diesmal ist es Thailand, das den Horror privatisiert.

Es sind Mitglieder des laotischen Hmong-Stammes, die Anfang Juli 2005 von ihren Vermietern hinausgeworfen wurden, in Phetchabun, im Norden Thailands. Asylsuchende, die das Königreich nicht einbürgern möchte. Die Hmongs unterstützten vor Jahrzehnten den amerikanischen Krieg in Laos und mussten deswegen aus Laos fliehen, nach der kommunistischen Machtübernahme 1975. 30 Jahre später leben sie im Norden Thailands, doch das Land will die Flüchtlinge nun loswerden. Allerdings sind die damaligen Revoluzzer auch in Laos unwillkommen – nicht dass die Hmongs unbedingt dorthin zurück wollen. Ihre eigentliche Wunschheimat sind die USA, wo sich mehr als die Hälfte des Stammes niedergelassen hat. Doch Washington mag nicht noch mehr Hmongs aufnehmen. So sind die Menschen im politischen Nirgendwo gefangen.

Thailands Bevölkerung ist gemischter als man annehmen mag. Pure Thais sind schon lange eine Minderheit. Der gröβte Teil ist gut vermischt mit Chinesen, die seit Jahrhunderten im Land leben, geschäftige Nachfahren von Handelsclans. Die Thai-Chinesen bilden den Mehrteil der Mittel- und Oberschichten; die thailändische Geschäftswelt wird von Chinesisch-Stämmigen dominiert. Und dann sind da noch Dutzende von so genannten Hügelstämmen - Stämme, die Landesgrenzen nur selten akzeptieren können, aufgrund von Traditionen, von Kleinhandel, von jährlichen Wanderungen, von Dauermigration.

Dank ihrer exotischen Trachten werden viele dieser Stämme touristisch vermarktet von den Thais – Treks zu den Akhas beispielsweise sind sehr beliebt bei Rucksacktouristen, die meinen, die Besuche in den abgelegenen Dörfen würden sie endgültig weg von den ausgelatschten Touri-Pfaden führen.

Bürokratische Vorurteile

Obwohl viele Stämme sich schon vor langer Zeit in den Bergen Thailands angesiedelt haben, sind sie Staatenlose. Das Gesetz erkennt viele der unerfassten Familien nicht als Bürger Thailands an. Dabei verstöβt das Gesetz Thailands hier gegen die UN-Menschenrechtskonvention, die jedem Neugeborenen das Recht auf eine Staatsangehörigkeit garantiert. Thailand allerdings argumentiert mit dem Status der Eltern, die vielleicht ilegal ins Land gekommen sind oder schlicht nie registriert worden sind.

Zwar existieren in Thailand offizielle Richtlinien, die auf Staatenlose abgestimmt sind. Alle Kinder, die vor 1992 geboren wurden, haben automatisch Recht auf die thailändische Staatsangehörigkeit; für jüngere Kinder von Nicht-Thais müssen Anträge beim Innenministerium gestellt werden. Doch diese Richtlinien werden meistens aus Voreingenommenheit nicht beachtet.

Khmer Rouge-Opfer ...

Dabei ist Thailand nicht unbedingt als ausländerfeindliches Land bekannt. Solch eine Einstellung erlaubt auch die Staatsreligion nicht. Mitgefühl ist eins der Hauptgebote des Buddhismus. Doch das ist eine soziale Ansicht. Die politische Realität widersprach dem Gebot immer wieder. Vietnamesen, die während des Vietnam-Krieges nach Thailand flüchteten, werden noch immer Grundrechte verweigert. Tausende von Kambodschanern wurden 1976 in ihr Land zurückgedrängt, wo die Khmer Rouge sie anschlieβend ermordeten. Burmesische Studenten wurden 1988 abgeschoben, in die Arme der burmesischen Junta, die die "Abtrünnigen" hart bestrafte. Und 2005 die Hmongs, die nach 30 Jahren als Asylanten fürchten müssen, aus dem Land geworfen zu werden.

... und Euro-Opis: alles unerwünscht

Allerdings macht Thailand es selbst westlichen Pensionären, die ihre Renten im tropischen Traumland verprassen möchten, schwer. Laut den neuesten Einwanderungsgesetzen, just reformiert, muss man – auch aus deutscher Sicht – recht wohlhabend sein, um sich in Thailand länger als den einen Monat, der das Touristenvisum erlaubt, aufhalten zu dürfen.

Bei den Hmongs geht es allerdings um mehr als um Sonne, Strand, und das bisschen Sex, das im hohen Alter noch geht. Hier verschwimmen die Grenzen von Wirtschafts- und politischen Asylsuchenden, und Thailand mag sich da nicht durchkämpfen, obwohl ein einfaches Abschieben von Unerwünschten gewiss auch von der UN nicht übersehen werden würde. Doch hier gilt vorerst: uneingeladen wird ausgeladen.