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VW-Skandal in Indien

Christoph Heinzle11. Juli 2005

In Indien sind zwei Millionen Euro, die an Volkswagen gehen sollten, spurlos verschwunden. Das Geld war für die Ansiedlung einer VW-Fabrik an eine Firma überwiesen worden, an der VW aber gar nicht beteiligt ist.

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Unklare Rolle: Helmuth SchusterBild: dpa

Um zwei Millionen Euro hatte der Mitte Juni entlassene VW/Skoda-Manager Helmuth Schuster die Landesregierung von Andhra Pradesh im Januar gebeten. Denn, so Schuster in einem Brief, VW habe sich nun entschieden, eine große Fabrik in dem südindischen Bundesstaat zu bauen, jetzt wolle man ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Land auf den Weg bringen.

Über ein Jahr hatten der Autokonzern Volkswagen und die Landesregierung von Andhra Pradesh intensiv über eine VW-Auto-Fabrik mit angegliedertem Zuliefererpark in der Hafenstadt Visakhapatnam verhandelt. Das Gesamtinvestitionsvolumen sollte etwa eine Milliarde Euro betragen, bis zu zehntausend Arbeitsplätze sollten entstehen. Ein Riesenprojekt für den aufstrebenden Industriestandort Andhra Pradesh und seinen Vorzeigestandort Visakhapatnam.

Rolle von Helmuth Schuster noch unklar

Mehrmals war Helmuth Schuster im Auftrag der VW-Spitze zur Standortsuche nach Indien gekommen, heiß umworben von den Regierungen mehrerer Bundesstaaten. Als Schuster dann auf VW-Briefpapier im Januar die Zusage schwarz auf weiß gab und um die zwei Millionen Euro bat, zögerte man in Andhra Pradesh nicht.

Der Industrieminister ließ das Geld prompt überweisen, wie von Schuster gewünscht auf das Konto der Firma "Vashishta Wahan", kurz VW. Das bestätigten die zuständigen Beamten und der Minister. Doch VW ist an "Vashishta Wahan" nicht beteiligt, teilte ein VW-Sprecher in Wolfsburg, dem Sitz des Konzern, auf Anfrage mit. Und die VW-Spitze hat noch gar nicht entschieden, ob und wo sie ein Werk in Indien baut.

Schmiergeld und Betrug?

Für die Oppositionspartei TDP in Andhra Pradesh ein klarer Fall von Betrug. Wie der TDP-Politiker Ram Mohan Rao dem ARD-Hörfunk sagte, sehe das nach einem Schmiergeld aus. "Wenn es ein erstes Abkommen gegeben hätte zwischen der Firma VW und der Landesregierung, hätte man Gelder überweisen können. Aber wo ist jetzt der Beweis, dass es ein rechtsgültiges Geschäft war? Die Regierung hätte vorsichtiger sein müssen mit öffentlichen Geldern", sagte der Politiker.

Dubioser Berater und Scheinfirma

"Vashishta Wahan Pvt. Ltd." ist nach Recherchen des ARD-Hörfunks als Briefkastenfirma in Neu Delhi registriert. Einer der Direktoren ist Ashok Jain, ein Hotelbesitzer, der immer wieder als Berater Schusters auf dessen Indien-Reisen aufgetaucht war. Doch die VW-Tochter Nutzfahrzeuge in Hannover hatte einen Beratervertrag mit Jain vor einem Jahr nach Auskunft des Unternehmens wegen Erfolglosigkeit gekündigt.

Opposition fordert lückenlose Aufklärung

Ashok Jain ist seit Tagen spurlos verschwunden, ebenso wie das Geld. In Wirtschaftskreisen wird der Geschäftsmann als dubios und halbseiden beschrieben. Die Opposition in Andhra Pradesh fordert jetzt offizielle Ermittlungen. "Wir sollten vielleicht das indische Bundeskriminalamt CBI einschalten. Das könnte nach Deutschland gehen, mit VW sprechen und die Details des Transfers prüfen, um zu einem Ergebnis zu kommen", fordert Ram Mohan Rao.

Spürbare Nervosität haben diese Enthüllungen bei Botsa Satyanarayana ausgelöst, dem Industrieminister Andhra Pradeshs, der die Zahlung der zwei Millionen Euro veranlasst hatte, ohne dass irgendwelche Verträge vorgelegen hätten. "Wir haben keine Bestechungsgelder bezahlt", beteuert der Minister und verspricht, die Ermittlungen zu unterstützen.