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"Ohne Druck wird es nicht gehen"

Das Interview führte Daniel Wortmann31. Mai 2005

Von Deutschland aus kämpft der iranische Exil-Politiker Mehran Barati für Demokratie in seinem Heimatland. Im Gespräch mit DW-WORLD fordert er mehr Druck von außen, um einen Regimewechsel von innen zu ermöglichen.

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Für einen demokratischen Iran: Mehran BaratiBild: DW

DW-WORLD: Wie gestaltet sich Ihre Arbeit in der Exil-Opposition von Deutschland aus?

Mehran Barati: Wir sind bemüht, keine Exil-Orgnaisation zu sein, sondern eine einheitliche Bewegung im In- und Ausland. Daher haben wir uns vor mehr als anderthalb Jahren mit gleichgesinnten Iranern, die für eine demokratische Republik eintreten, verständigt. Sie agieren im Iran, wir hier. Wir haben vor, in den nächsten Monaten die politische Arbeit im Iran unter dem Namen "Iranische Republikaner" zu beginnen. Falls uns das verboten wird, wollen wir um internationale Unterstützung werben.

Wie beurteilen Sie die jetzigen Verhandlungen der EU mit dem Iran - hinsichtlich der Ziele, aber auch hinsichtlich der Mittel?

Wir unterstützen die Ziele, die Mittel hingegen kennen wir im Einzelnen nicht. Die Gewährleistung der Sicherheit für den Iran würde im Endeffekt bedeuten, dass alle Atomwaffen in der Region abgeschafft würden. Dies ist für uns unabhängig von den Herrschaftsverhältnissen im Iran ein willkommenes Ziel. Es wäre gut, wenn im Rahmen des vorhandenen Konflikt ein Weg gefunden werden könnte, das Gebiet zu entmilitarisieren.

Wie beurteilen Sie das Verhältnis zwischen den Positionen der EU und der USA?

Manche glauben, dass es zwischen den USA und Europa eine Arbeitsteilung gibt: Die USA "spielen die Bösen", während die Europäer für die Verhandlungen zuständig sind. Das kann zu einem gewissen Grad stimmen. Letztendlich wird es ohne Druck nicht gehen - die Frage ist aber, welche Druckmittel dies sein könnten. Dabei sollte man nicht nur an den Weltsicherheitsrat, sondern etwa auch an einen Einfuhrstopp für Technologie aus Europa und den USA denken - auf diese Importe ist der Iran angewiesen.

Wie beurteilt die iranische Bevölkerung die derzeitige Situation?

Die Bevölkerung ist für jede Unterstützung dankbar. Demokratie ist ohnehin keine regionale Frage mehr. Durch die Globalisierung kennt auch der Gedanke der Freiheit keine Trennung zwischen verschiedenen Ländern und Regionen. Der Iran ist Teil der Weltgemeinschaft - wer in dieser Zeit die Demokratie im Iran unterstützt, ist bei der Bevölkerung sicherlich sehr willkommen.

Was passiert, wenn die Verhandlungen mit dem Iran scheitern?

Die Verhandlungen werden zunächst zu keinem Ergebnis führen. Die Iraner taktieren sehr stark und wollen die Urananreicherung durchführen - wogegen völkerrechtlich nichts zu sagen wäre. Die Frage ist allerdings, wohin es führt, wenn meine Landsleute in den Besitz von Atomwaffen gelangen. Ich befürchte eine Kettenwirkung für zahlreiche weitere Länder, etwa für Ägypten und Saudi-Arabien. Es würden zusätzliche Risiken entstehen. In den Verhandlungen müssen daher Angebote gemacht werden, die den Iran in die politische Weltgemeinschaft integrieren - allerdings ohne das Regime zu akzeptieren oder zu unterstützen.

Also möglichst ein schneller Regimewechsel?

Wir sind für einen Regimewechsel durch die iranische Bevölkerung. Eine Veränderung von außen, insbesondere mit militärischen Mitteln, hätte unvorhersehbare Folgen. Die Gegenreaktionen wären weitaus schlimmer als derzeit im Irak, da das Zerstörungspotenzial ungleich größer ist.

Welchen Einfluss werden die Präsidentschaftswahlen auf den Verhandlungsprozess haben?

Es ist gut möglich, dass Ex-Präsident Rafsandschani zum Präsidenten gewählt wird. Er wird darauf bedacht sein, die Konflikte mit dem Westen zu entschärfen. In der Atomfrage dürfte er einen Weg suchen, der beide Seiten zufrieden stellen kann. Aber: Der Präsident muss sich vor jeder Entscheidung bei dem Revolutionsführer Chamenei absichern. Selbst seine Kabinettsliste wird er zunächst mit Chamenei absprechen. Wenn er sich in der Atomfrage genauso verhält, ist ein Erfolg in den Verhandlungen zweifelhaft.