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Erotik erobert die Trivialliteratur

8. Juli 2005

Beim Kuss ist Schluss. <i>War</i> Schluss. Denn die Experten sind sich einig: Die erotischen Grenzen eines Heftchen-Liebesromans verschieben sich - Erotik und Sex erobern die Trivialliteratur.

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Kann denn Liebe Sünde sein ...?

Auf der europäischen Liebesroman-Messe "Booklover" in Wiesbaden nahmen Geschichten mit mehr oder weniger genau beschriebenen Sex-Szenen erstmals einen großen Raum ein. Auf dem Treffen präsentierten sich rund 40 internationale Autoren.

Cormann
Die Schriftstellerin Marte Cormann, Vorsitzende der Vereinigung Deutschsprachiger Liebesroman Autoren (DeLIA)Bild: www.martecormann.de

"Es gibt bei den Liebesromanen einen Trend zu den absolut sanften Heile-Welt-Geschichten und als Gegenstück boomen auch die erotischen Romane", sagt die Vorsitzende der Vereinigung Deutschsprachiger Liebesroman Autoren (DeLIA), Marte Cormann. Die 49-Jährige ist selbst Autorin und weiß, was Leser wünschen: "Man soll schon zur Sache kommen."

Mäntelchen der Scham

Beim Cora-Verlag dürfen die Helden der Serien "Baccara" und "Tiffany" schon seit mehreren Jahren gemeinsam in die Kissen sinken. Die Bezeichnung Erotik-Roman ist der Redaktionsleiterin Ilse Bröhl jedoch zu missverständlich, sie bezeichnet die Hefte lieber als "Liebesromane mit sinnlich-romantischen Elementen". Liebe heißt das Zauberwort - der Leser müsse auch nach einer heißen Sex-Szene das Gefühl haben, dass die Protagonisten bis ans Ende ihrer Tage zusammen bleiben.

"Die meisten Verlage legen immer noch ein leichtes Mäntelchen der Scham um die Sex-Szenen", sagt Cormann. Da sei von "Brustspitzen" statt "Brustwarzen" die Rede und dem Held werde bestenfalls ein "Stab" zugestanden. Als Autorin hat die 49-Jährige im vergangenen Jahr neun solcher Geschichten verfasst, drei Mal müssten die Hauptfiguren auf 130 Seiten mindestens zur Sache kommen. Vorsicht sei beim Titel geboten - wirkt der zu erotisch, kauft ihn keiner: "Sie müssen sich noch gut im Supermarkt in den Einkaufswagen packen lassen."

Es darf auch etwas mehr sein …

Diskret aus dem Internet können Leser die härteren Erotik-Romane des Verlages herunterladen. In Werken wie "Begierde des Blutes" oder "23 Zentimeter bis zum Glück" werden die sonst umschriebenen Körperteile nun explizit beim Namen genannt. "Wir beschreiben Fantasien, die Leser sonst nicht ausleben können oder wollen", sagt
die Herausgeberin und "Booklover"-Messe-Chefin Angela Weiß.

Ausschließlich weibliche Autoren verfassen bei ihr Geschichten mit einem meist dominanten Helden, der sich einer unerfahrenen Frau annimmt. Dabei muss es nicht bei trauter Zweisamkeit bleiben: Romantik ja - aber es darf auch ruhig etwas mehr sein, erklärt die Herausgeberin. Aber der Absatz floriert: Anders als die Romantik-Liebesromane hätten die "härteren" Geschichten auch gut ein Viertel männlicher Leser. (dpa / wga)