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Mazedonische Delegation besucht ICTY in Den Haag

28. April 2005

Die Anklage des UN-Kriegsverbrechertribunals weist Mazedonien vier Fälle zu. In diesen Fällen ermittelte das Tribunal wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen während des bewaffneten Konflikts 2001 in Mazedonien.

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Der ehemalige mazedonische Innenminister Ljube Boskovski ist bereits angeklagtBild: AP

Von insgesamt fünf Fällen, in denen der Strafgerichtshof ermittelte, wurde lediglich im Fall Ljuboten Anklage erhoben. Die beiden Angeklagten – der ehemalige Innenminister, Ljube Boskovski, und der ehemalige Chef einer Polizei-Sondereinheit, Johan Tarculovski – wurden des Mordes an und der Misshandlung von albanischen Zivilisten im Dorf Ljuboten bei Skopje im August 2001 angeklagt. Sie befinden sich bereits in ICTY-Gewahrsam in Scheveningen.

Ermittlungen abgeschlossen

Der ICTY stellte im Dezember vergangenen Jahres die Ermittlungen in vier weiteren Fällen ein. Dabei handelt es sich um die Misshandlung von Bauarbeitern auf der Autobahn Skopje-Tetovo, ferner um die Entführung von 12 Mazedoniern, deren Verbleib bis heute unbekannt ist. Ein weiterer Fall ist: die Blockade des Staudamms Lipkovo, wodurch über einen Monat die Einwohner von Kumanovo von der Wasserversorgung abgeschnitten waren. Und schließlich muss noch gerichtlich geklärt werden, ob die Führung der Nationalen Befreiungsarmee, UCK, die Verantwortung für diese Fälle trägt. Dies teilte ICTY-Chefanklägerin, Carla del Ponte, der von Justizministerin Meri Mladenovska Georgievska geleiteten mazedonischen Delegation bei ihrem Besuch in Den Haag am 26. April mit.

Vier Prozesse für Mazedonien

Als Grund für die Übertragung der Fälle gab del Ponte an, dass der UN-Sicherheitsrat von der ICTY-Anklage gefordert habe, bis Ende vergangenen Jahres alle Ermittlungen auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawien abzuschließen. Ministerin Mladenovska Georgievska sagte der Deutschen Welle, sie sei nach Den Haag gekommen, um von der Anklage zu fordern, alle fünf Fälle mit der gleichen Sorgfalt zu prüfen. Nachdem nun die ICTY-Chefanklägerin die übrigen vier Fälle an Mazedonien übergeben wolle, müsse sich Mazedonien nun in Zusammenarbeit mit dem Büro von Frau del Ponte darauf vorbereiten, sagte Mazedoniens General-Staatsanwalt Aleksandar Prcevski, der als Mitglied der mazedonischen Delegation in Den Haag war.

Misstöne aus Skopje

Dieser Ausgang der Gespräche zwischen der mazedonischen Delegation und der ICTY-Chefanklägerin kam nicht unerwartet. Denn die Medien in Mazedonien spekulierten bereits seit langen, dass die ICTY-Anklage sich dazu entschlossen habe, nur Boskovski und Tarculovski anzuklagen. Die Tatsache, dass die beiden Angeklagten nur einer der beiden Konfliktparteien angehören, rief Unzufriedenheit in der mazedonischen Öffentlichkeit hervor. So äußerte sich auch die Regierung unzufrieden darüber, dass das ICTY nur mutmaßliche Kriegsverbrecher einer Konfliktpartei anklage, obwohl ausreichend Indizien für Kriegsverbrechen der ehemaligen UCK-Angehörigen existierten.

Staat zahlt für ICTY-Prozess

Nach dem Treffen mit Carla del Ponte besuchte die mazedonische Delegation Boskovski und Tarculovski im ICTY-Gefängnis in Scheveningen. Wie Ministerin Mladenovska Georgievska der Deutschen Welle erklärte, wurden die Angeklagten darüber informiert, dass die mazedonische Regierung dieses Jahr 12 Millionen Denar, also 200.000 Euro, für ihre Verteidigung bereit stellen werde. Ferner werde es ihren Verteidigern ermöglicht, Einsicht in alle erforderlichen Akten und Beweismaterial zu erhalten.

Gvozdan Popov, Den Haag
DW-RADIO/Mazedonisch, 27.4.2005, Fokus Ost-Südost