Rege Suche nach Tricks beim Trickfilm-Festival
13. März 2005"Sorry, could you spell it please!", erwidert die Empfangsdame, als ich meinen zugegebener Maßen sehr deutschen Namen nenne. Die "Cartoon World" ist ein internationaler Treffpunkt. In den Schlangen am Eingang höre ich ein "Qui", ein "Si", russisch, englisch - alles durcheinander. Die Besucher sind älter und wirken seriöser als man vielleicht von einem Treffen Trickfilmschaffender erwarten würde.
Das sei keine Messe, sondern ein Branchentreff, erklärt die Pressedame. Vertreter der kreativen Köpfe treffen auf Produzenten, Investoren und Verwalter öffentlicher Fördergelder aus Brüssel, Paris oder Leipzig.
Animationsfilme sind eine verdammt teure Angelegenheit. Zu teuer für ein Land, zu teuer für nur einen Investor. Deshalb vernetzen sich die Trickfilm-Macher. Der Speisesaal ist ein wichtiger Ort dafür. Hier treffen sich die weit über 400 Teilnehmer, machen unter dem gold-gelben Licht Kontakte und reden bei Kabeljau in Limettensauce über Projekt-Finanzierungen.
Im Heimatland von Walt Disney gibt es riesige Budgets für gezeichnete und computergenerierte Leinwandabenteuer. In Europa nicht. Der Produzent von "Lauras Stern", Thilo Graf Rothkirch, entwirft ein Bild: Hier in Europa ein zartes Pflänzchen, dort ein mächtiger Baum. Aber ein langweiliger Baum, denn die amerikanische Kultur, die Wurzel also, sei nun mal dem Mainstream verhaftet. Europas Kulturpflänzchen dagegen könnte wachsen und bunt erstrahlen - genug Sonne, also Geld und Aufmerksamkeit vorausgesetzt.
Puppen, Knetmännchen, Zeichenfiguren, Marionetten, 3-D-Phantasien - in der Tat rappelt es ganz unterschiedlich in den europäischen Trickkisten. Davon zeugen die "Projects in Concept", "Projects in Development" oder "Films in Production". 15 Minuten Präsentationszeit pro Projekt müssen reichen. Manchmal werden nur Zeichungen vorgestellt oder eine Idee, manchmal gibt es bereits einen Trailer zu sehen oder erste aufwändig produzierte Bewegungsstudien. Danach wechseln Visitenkarten die Jacket-Taschen oder Termine die Kalender.
Eine Milliarde sind nicht genug
Die Dame von MEDIA will gar nicht mehr aufhören zu reden. Sie vertritt einen der prallsten Fördertöpfe, den von der EU. Leidenschaftlich erklärt sie das mehrstufige Fördermodell und warum die eine Milliarde Euro angemessen sind für die nächsten sieben Jahre. Die EU sei schließlich größer geworden und der Zeitraum länger, deshalb gibt es jetzt doppelt so viel Geld zu vergeben.
80.000 Euro werden maximal überwiesen. Das ist nicht viel, verglichen mit einigen "Projects in Development", die bereits vor der eigentlichen Produktion sechs oder acht Millionen Euro kosteten.
Eine gelungene Premiere
Die norwegische Produktion "Strings" ist eine Mischung aus "Augsburger Puppenkiste" und "Herr der Ringe". Das Marionettenspiel in einer düsteren 3-D-Welt überzeugt durch hohes Können sowohl der Puppenspieler als auch der Grafik-Abteilung. Das Projekt wurde in seinen verschiedenen Entwicklungsstufen schon mehrfach bei der "Cartoon Movie" vorgestellt.
Die Marionettenfäden werden in "Strings" in die Handlung eingebunden. Sie symbolisieren die Lebensadern der Figuren und können eigenhändig zerschnitten (Selbstmord) oder gekappt (Mord) werden oder sich auf magische Art verdoppeln, um dem Kind Leben einzuhauchen (Geburt). Insgesamt ein sehr bewegender Film, der nun europaweit nach Kino-Verleihern sucht.
"Strings" und viele andere interessante Projekte auf der "Cartoon Movie" zeigen, dass der Phantasie im animierten Film kaum Grenzen gesetzt sind. Doch der Markt ist nicht groß. 2004 wurden in Europa 750 Filme produziert, darunter waren nur 15 animierte. Vielleicht aber ändert sich das bald. Zum einen werden so genannte CGI-Rechner immer leistungsfähiger und damit die Produktionskosten geringer. Zum anderen wächst derzeit eine junge Generation heran, die lustvoller mit "Trickfilm" umgeht: Im Internet zum Beispiel kursieren Cartoons, von "Laien" fürs Web produziert, Kids programmieren eigene Filmchen mit den Editoren ihrer Playstation, Girlies verschlingen Mangas - das könnten Anzeichen dafür sein, dass zukünftig die Nachfrage nach Animation in Kino und TV zunehmen wird.