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Anderer Stil, aber kein Kurswechsel mit Rice

Michael Knigge8. Februar 2005

Ortswahl und Thema lassen aufhorchen. In Paris, Zentrum der Opposition gegen den Irak-Krieg, hält Condoleezza Rice ihre erste große Rede als US-Außenministerin zum Verhältnis USA-Europa.

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Vorgänger und Nachfolgerin: Powell und RiceBild: AP

Ein couragierter Schritt: Die Entscheidung von Condoleezza Rice, ihre erste bedeutende außenpolitische Rede seit Ernennung zur US-Chefdiplomatin ausgerechnet in der französischen Hauptstadt zu halten, entspricht ihrem öffentlichen Image als harte und direkte Politikerin. Rice geht dahin, wo es politisch weh tun könnte. "Sie wollte es in Paris tun, weil sie den Eindruck hatte, dass Paris einer der Orte war, wo es viele Diskussionen über die USA und Europa gibt, über gemeinsame Ziele und darüber wie wir unsere Agenda erreichen können", formuliert ihr Sprecher Richard Boucher diplomatisch reserviert.

Die Mission seiner Chefin ist klar. Rice soll den Europäern die Pläne der Bush-Regierung erläutern, versuchen zwischen Europäern und Amerikaner zu vermitteln. Die Rede in Paris wird denn auch den verbalen transatlantischen Brückenschlag wagen und die gemeinsamen Werte hervorheben, dabei aber auch immer die besondere Rolle der USA hervorheben. "Bei der Rede von Rice kann man sicher ein 'Buzzword' [Schlagwort] erwarten", sagt James Davies, der Rice von einer früheren Tätigkeit beim Council on Foreign Relations kennt, "Präsident Bush senior hat den Deutschen damals 'partnership in leadership' angeboten. Etwas ähnliches könnte Rice auch den Europäern anbieten, wobei immer klar ist, wer primus inter pares ist."

Kein Small-Talk, keine Dinner

Davies, Politikwissenschaftler an der Universität München, erklärt, auf was die Europäer sich mit US-Außenministerin Rice einstellen können: "Sie ist immer extrem gut vorbereitet und hat sich sehr gut unter Kontrolle. Sie macht nicht gerne small-talk und geht auch nicht gerne auf Empfänge und Dinner."

Nach Einschätzung von Davies besitzt Rice gegenüber ihrem Vorgänger Powell einen unschätzbaren Vorteil: privater Zugang zu Präsident Bush. Sie hat aufgrund ihrer engen Beziehung zum Präsidenten durch ihre Tätigkeit als Sicherheitsberaterin direkten Zugang zum Weißen Haus. "Sie spricht wirklich für den Präsidenten, und das ist schon einmal viel wert. Colin Powell war nie Teil des inneren Kreises der Bush-Regierung."

Irak, Iran und China

Deshalb kann die Europakennerin die Sichtweise ihrer EU-Amtskollegen im Weißen Haus und im Nationalen Sicherheitsrat effektiver vortragen als Colin Powell. Ein Strategiewechsel der US-Außenpolitik ist mit Rice aber keinesfalls zu erwarten. "Stilistisch und vor allem athmosphärisch wird sich das europäisch-amerikanische Verhältnis verbessern, aber bei den strategischen Grundentscheidungen wird es auch mit einer Außenministerin Rice keine Annäherung geben", sagte Stephan Bierling, Experte für US-Außenpolitik an der Universität Regensburg, und ergänzt: "Die absolute Prioriäten-Triade der Amerikaner - Irak, China und Iran - besteht unverändert weiter und bei allen drei Aspekten haben die Europäer, besonders Deutschland und Frankreich, nichts beizutragen."

Neben den bekannten Konfliktpunkten Irak und Iran, steuern Amerikaner und Europäer Bierling zufolge auch beim Thema China auf Konfrontationskurs. China sei das einzige Land der Welt, dass wegen Taiwan Kriegspläne gegen die USA entwickele - dennoch diskutiere die EU über eine Aufhebung des Waffenembargos.

Transatlantische Lerneffekte

Da bei den großen Themen also weiterhin keine Einigung zwischen zahlreichen europäischen Staaten und den USA absehbar ist, versuchen Europäer und Amerikaner jetzt kleinere transatlantische Brötchen zu backen. "Zu einer Verbesserung der Beziehungen und Einigung kann es sicher bei sekundären Punkten kommen, wie bei der Stabilisierung von Afghanistan, den WTO-Verhandlungen oder dem Nahost-Konflikt, obwohl die Europäer auch bei diesen Themen den Amerikanern nicht viel bieten können", sagte Bierling.

Die Differenzen bestehen weiter, dennoch diagnostiziert Davies auf beiden Seiten einen Lerneffekt aus den vergangenen Jahren: "Wir können alles alleine machen, aber es ist verdammt teuer und macht wenig Spaß, könnte jetzt die Parole in Washington lauten. Und die Europäer haben festgestellt, dass sie irgendwie mit Amerika zusammenarbeiten müssen, wenn sie relevant sein wollen."