Trinken auf die Lage der Nation
7. Februar 2005Von wegen, amerikanische Jugendliche interessieren sich nicht für Politik! Am Abend der Rede ihres Präsidenten zur Lage der Nation versammelten sich viele College-Studenten in ihren Wohnheimen vor dem Fernseher und lauschten eine Stunde lang andächtig. Dass sie sich trotzdem am nächsten Morgen nicht besonders gut an den Inhalt der Ansprache erinnern konnten, lag nicht etwa an mangelnder politischer Bildung sondern am Alkohol.
Systematisches Besäufnis
Gemäß einem beliebten Trinkspiel tranken die Studenten während George W. Bushs einstündiger Rede auf die Freiheit, den Terror und den Irak. Und zwar genau einen Schluck Bier, so wie es die Regeln des post-pubertären Trinkspaßes verlangten. Internet-Seiten wie www.drinkinggame.us legten schon Tage vor dem großen Ereignis akribisch fest, wann und wie viel die Studenten während der Fernsehübertragung trinken mussten.
Sowohl einzelne Wörter wie "Gott", "Öl" oder "böse", als auch Redewendungen standen auf der Liste. Doch damit nicht genug: auch Fernsehbilder schlafender Militärs oder der First Lady bedeuteten den Griff zur Bierdose. Insgesamt 20 Mal stießen die jungen Amerikaner an diesem Abend auf die "Freiheit" an. 26 Mal tranken sie auf den "Terror". Und 28 Mal schlucken mussten sie für den "Irak".
Mit Alkohol aus der Krise
Man stelle sich das ganze in Deutschland vor: Bundeskanzler Gerhard Schröder verliest eine Regierungserklärung im Bundestag und Deutschlands Studenten hängen gebannt an seinen Lippen. Getrunken wird aufs Stichwort. Für "Arbeitsmarktreform", "Hartz IV" und "Opposition" nur einen Schluck, sonst scheiden auch die trinkfesten Burschenschaftler schnell aus. Einen kräftigeren Zug müssen die Jungakademiker nehmen, wenn Angela Merkel ins Bild kommt. Die Höchstzahl gibt es für eine Nahaufnahme der beiden PDS-Genossinnen Gesine Lötzsch und Petra Pau.
Circa fünf Halbe und eine Kanzlerrede später wären dann alle Studenten hellauf begeistert von den Plänen des Kanzlers. Daraufhin würde die Bundesregierung das Trinkspiel für alle Deutschen zur Pflicht machen, denn somit wäre der Stimmungsaufschwung in Deutschland – zumindest kurzfristig - vorprogrammiert.