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Der Kampf um Weihnachten

Ralf Hoogestraat23. Dezember 2004

"Happy Holidays“ oder "Merry Christmas“, das ist hier die Frage. Am Weihnachtsgruss scheiden sich die Geister in den USA. Es ist ein unterschwelliger Kampf zwischen "political correctness" und christlichem Glauben.

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Am Weihnachtsgruße sollt ihr sie erkennen, die politische Gesinnung. Republikaner schmettern dir in Washington fröhlich ihr Merry Christmas entgegen und wünschen dir ein frohes neues Jahr. Demokraten sind da zurückhaltender und wünschen nur Happy Holidays. Politisch korrekt lassen sie die christlichen Untertöne aus dem Weihnachtsgrusse raus, um die Anhänger anderer Religionen nicht vor den Kopf zu stoßen.

Und oft nimmt die politische Korrektheit seltsame Formen an: Schulen verbieten Weihnachtskrippen und das Singen von Weihnachtsliedern. Ein kleiner Junge wollte seinen Klassenkameraden ein Weihnachtsgeschenk machen und verteilte Candysticks, mit einem Zettel, auf dem die Geschichte dieses Naschwerks erzählt wurde. Die bei Kindern beliebten Zuckerstöcke sind weiß-rot, die rote Farbe soll laut Legende das Blut symbolisieren, das Christus am Kreuz für die Menschheit vergossen hat. Dem Schuldirektor war das zu christlich und er gab dem Jungen einen Schulverweis.

Weihnachten in den USA: eine komplizierte Sache

Mehr und mehr große Kaufhausketten lassen in ihren Weihnachtswerbe-Aktionen jeden Bezug zum christlichen Weihnachtsfest aus. Und immer öfter wird Santa Claus arbeitslos. Da Santa ein christlicher Heiliger ist, haben ihn einige Kaufhäuser verbannt, um ihre nicht-christlichen Kunden nicht vor den Kopf zu stoßen.

Amerika ist, zumindest in den Städten, eine multikulturelle Gesellschaft mit vielen verschiedenen Religionen, denen Weihnachten nichts sagt. Afroamerikaner versuchen seit Jahrzehnten, mit Kwanzaa ihr eigenes, afrikanisches und nicht-christliches Weihnachtsfest zu etablieren. Amerikas Juden feiern in der Vorweihnachtszeit mit Chanukka ihr Lichterfest und auch die Moslems, Hindus oder Buddhisten haben mit dem christlichen Weihnachtsfest nicht viel am Hut.

God Squad und Broadway-Shows

Auf der anderen Seite ist Amerika derzeit das wohl christlichste Land der Welt: Die Hälfte der Amerikaner geht regelmäßig in die Kirche, knapp 80 Prozent sind bekennende Christen. Und die lassen sich die politische Korrektheit in der Weihnachtszeit immer weniger gefallen. Eine Kirche rief zu Boykottaktionen gegen Kaufhäuser auf, die das christliche Weihnachten in ihren Werbeaktionen auslassen. Eine so genannte God Squad, die Kampftruppe Gottes, tritt überall an, wo christliche Tradition verbannt ist und protestiert.

Und in Washington inszenieren Kirchen die Mega-Multi-Weihnachtsshow. Die Gegend um die amerikanische Hauptstadt ist das Zentrum der Mega-Kirchen, das sind Kirchen, die pro Woche mehr als 2000 bekennende und zahlende Gläubige in den Gottesdiensten haben. Einige dieser Megakirchen haben dieses Jahr Weihnachtsshows, die mit dem Broadway konkurrieren können.

Zum Beispiel die Upper Marlboro Evangel Cathedral: Drei Kamele, vier Lamas, Oldtimer-Autos, und Erderschütternde Donner-Maschinen sowie 270 teilnehmende freiwillige Schauspieler und Sänger für die Weihnachtsshow. 15 Vorstellungen hatte man diese Weihnachtsaison, 32.000 Menschen kamen und das ganze hat die Kirche 524.000 Dollar gekostet. Aber im Kampf für das christliche Weihnachtsfest ist der Kirche nichts zu groß und nichts zu teuer.