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Die Newcomer kommen!

Nadim Abdul-Karim27. Dezember 2004

Neue Bands oder Solo-Künstler sind das Salz in der Chart-Suppe! Das Jahr 2004 war das Jahr für deutsche Newcomer - mal wieder.

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"Silbermond" gehören zu den Abräumern des Jahres 2004Bild: dpa


Junge Bands sorgten in den letzten zwölf Monaten mit ironischen, spielerischen und humorvollen Texten wieder für auffallend mehr Bewegung in der deutschen Musikszene. Ihre Texte sind gespickt mit einfachen, aber klaren Botschaften: Pass dich nicht an, feier mit deinen Freunden den Alltag weg, aber halte die Augen offen und genieße auch bei all dem Elend in der Welt die schönen Augenblicke. Lebe und Liebe. Verschwende sinnvoll deine Zeit!

Annett Louisan
Die 25-jährige Hamburgerin Annett Louisan präsentiert erfolgreich deutschsprachige Chansons.Bild: dpa

Diese Songs entstehen oftmals in Proberäumen, an denen Eierkartons die Wand zur Schallisolierung schmücken und wo der Zigarettenrauch sich mit dem Duft von Billig-Bier vermischt. Die ersten Auftritte in Jugendzentren, Kneipen oder auf Parties vor vielleicht 20 Freunden und Bekannten werden zelebriert, als stünde man vor tausenden von Fans.

Nicht alle schaffen den Durchbruch. Aber die, die es schaffen, ebnen den Weg für den Nachwuchs. Wirft man einen Blick auf die Charts der vergangenen Monate, findet man dort beispielsweise die Giessener Band Juli mit "Die Perfekte Welle" und "Geile Zeit". Oder die Sängerin Annett Lousian mit "Das Spiel". Mit kindlicher Stimmer nimmt sie den deutschen Macho in, aber auch auf den Arm. Und auch schon vor Juli und Lousian genossen Silbermond aus Bautzen und das Münchener Trio Sportfreunde Stiller ihre Hitlisten-Einträge.

Diese Newcomer gesellen sich zu den immer populärer werdenden älteren Stars wie den Fantastischen Vier oder Beginner, den deutschen Reggae-Künstlern Seeed oder Gentleman, Soul-Stimmen wie Joy Denalane oder Xavier Naidoo, Punkrockern wie den Ärzte oder den Toten Hosen – sie alle haben es in Deutschland nach ganz oben geschafft.

Und die Liste ist noch lange nicht zu Ende: Dutzende Gruppen wie Guano Apes, Tocotronic, Blumfeld, 2Raumwohnung, Mia oder Beatsteaks sind große Namen in der deutschen Popszene von Hamburg bis München, von Berlin bis Köln, von Gießen bis Bautzen. Tatsächlich lag der Anteil der deutschsprachigen beziehungsweise der in Deutschland produzierter Musik in den Charts 2005 zeitweise bei 50 Prozent.

Brauchen wir eine Quote?

Band Juli mit Sängerin Eva Briegel
Die Band Juli zeigen eindrucksvoll, dass junge deutsche Bands doch eine Chance haben, sich auf dem Musikmarkt zu behauptenBild: dpa

Trotzdem wurden auch im Jahr 2004 wieder Stimmen laut, die eine Quote für deutsche Musik im Radio fordern. "Man kann sich als deutschsprachiger Künstler auf den Partner Radio nicht mehr verlassen", meint Hartmut Engler von Pur. "Nahezu alle öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind in den letzten Jahren dazu übergegangen, musikalischen Mainstream zu senden, statt die Musikkultur in ihrer Breite zu präsentieren. Dadurch vernachlässigen die Sender ihren Kulturauftrag, und deswegen fordert die Musikwirtschaft eine Quote für neue Talente und deutschsprachige Produktionen", erklärt Gerd Gebhardt, Vorsitzender der deutschen Phonoverbände. Und auch der Bundestag hat kürzlich von den Radiosendern eine Selbstverpflichtung für einen höheren Programmanteil mit deutschen Künstlern oder Produktionen gefordert.

Brauchen wir diese Quote wirklich? Soll eine gesetzliche Bestimmung unseren Musikgeschmack bestimmen? Nehmen wir das Beispiel Amerika oder England. Bevor die Bands dort erstmals auf den Gedanken kommen, dass sie im Radio gespielt werden müssten, haben sie vielleicht schon jahrelang durch Pubs getourt und dort die Erfahrungen gesammelt, die zum Popgeschäft dazu gehören: Arbeiten und gucken, wie das Publikum auf das regiert, was sie da machen. So etabliert sich gute Musik - egal in welcher Sprache - letztlich automatisch.

Die Band Wir sind Helden spielt auf einer schwebenden Bühne während der Verleihung der Echo-Musikpreise in Berlin
"Wir sind Helden" gewannen bei der Echo Verleihung 2004 in vier KategorienBild: AP

Solange die deutsche Musikszene so lebendig ist, wie im Jahr 2004, solange muss ihr kein Denkmal gesetzt werden. Und falls doch, lassen wir Bands wie Wir sind Helden singen: "Hol´ den Vorschlaghammer! Sie haben uns ein Denkmal gebaut und jeder Vollidiot weiß, dass das die Liebe versaut. Ich werde die schlechtesten Sprayer dieser Stadt engagieren, sie sollen nachts noch die Trümmer mit Parolen beschmieren."