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Türkei und Russland wollen kooperieren

7. Dezember 2004

Putin hat als erstes russisches Staatsoberhaupt seit über 30 Jahren die Türkei besucht. Die Reise markiert einen Meilenstein in den Beziehungen der zwei Länder, die sich nie wirklich freundschaftlich gegenüberstanden.

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Tschetschenen protestieren gegen Putin in AnkaraBild: AP

"Wir sind hier, um mutige Entscheidungen zu treffen", sagte Putin bereits am ersten Tag seines Besuches nach seinem Abendessen mit dem türkischen Präsidenten Ahmet Necdet Sezer (5.12.2004). Russland und die Türkei wollen ihre Zusammenarbeit im politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereich ausbauen. Insgesamt wurden sechs bilaterale Abkommen unterzeichnet.

Russland - Türkei Staatsbesuch von Wladimir Putin in Ankara Protestaktion von Tschetschenen
Wladimir Putin mit seinem türkischen Amtskollegen Ahmet Necdet SezerBild: AP

In internationalen Fragen verträten Moskau und Ankara sehr ähnliche Positionen, erklärten die beiden Präsidenten. Putin erwähnte in diesem Zusammenhang den Irak, Afghanistan, den Kaukasus und den Nahen Osten sowie den Kampf gegen den internationalen Terrorismus.

Alte Rivalitäten

Jahrhundertelang waren Osmanische Reich und das Zarenreich Rivalen. Auch nach dem Zerfall der beiden Großreiche sahen die Türkei und die Sowjetunion im jeweils anderen Land einen Erzfeind. In den Jahrzehnten des Kalten Krieges definierte sich die Türkei als letztes Bollwerk des Westens an der Grenze zum "Reich des Bösen". Bis heute sind die Spannungen nicht überwunden.

Moskau wirft zum Beispiel den Türken vor, die Machenschaften tschetschenischer Separatisten stillschweigend zu dulden. Viele Türken haben ihre Wurzeln im Kaukasus und lehnen die Politik Russlands in Tschetschenien ab. Russland will erreichen, dass tschetschenische Rebellengruppen nicht mehr von der Türkei aus unterstützt werden. Die Türkei hat die Vorwürfe vehement zurückgewiesen und stattdessen erklärt, Russland sei Rückzugsraum für kurdischen Rebellen.

Mehr Öl- und Gasexporte

Trotz politischer Reibereien ist Russland inzwischen zu einem der wichtigsten türkischen Handelspartner geworden: Das Handelsvolumen betrug 2003 knapp sieben Milliarden Dollar. "Es gibt viele Möglichkeiten für eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit im eurasischen Raum", schrieb Russlands Außenminister Sergej Lawrow in einem Gastbeitrag für die türkische Zeitung "Milliyet". Ganz oben auf Putins Agenda stehen Kooperationen auf dem Energiesektor. Russland will mehr Öl und Gas in die Türkei exportieren und neue Pipelines bauen. Ein Rahmenabkommen zwischen den staatlichen Energie-Gesellschaften Gazprom und Botas soll dabei helfen.

Das Problem dabei ist die Meerenge am Bosporus: Die Russen schleusen inzwischen mehr als ein Viertel ihres gesamten Ölexportes im wahrsten Sinne des Wortes "mitten durch Istanbul": Alle sieben Minuten wird die Stadt einem großen Schiff durchquert, alle 50 Minuten von einem Gefahrguttransport. Russland würde für seinen Ölexport gern noch mehr Tanker durch die Meerenge schicken, stößt jedoch auf Widerstand.

Die Russen vermuten, dass hinter der Zurückhaltung amerikafreundliche Wettbewerbsverzerrung steckt: Die Türken würden den Schiffsverkehr nur deshalb begrenzen, weil eine US-Pipeline, die Öl von Aserbaidschan quer durch die Türkei transportieren wird, in Kürze fertig sei. (arn/stl)