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Stadtpräsident Kaczynski: Warschau hat im Zweiten Weltkrieg einen Schaden in Höhe von 45,3 Milliarden Dollar erlitten

17. November 2004
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Warschau, 16.11.2004, PAP, poln.

45,3 Milliarden Dollar - mit dieser Summe sind die materiellen Verluste beziffert worden, die Warschau infolge des Zweiten Weltkriegs erlitten hat, teilte der Präsident der Stadt, Lech Kaczynski, am Montag (15.11.) auf einer Pressekonferenz in Warschau mit. (...)

Errechnet hat die Verluste der Hauptstadt ein vom Präsidenten Warschaus speziell berufenes Team unter Leitung des Historikers und Professors der Warschauer Universität Wojciech Falkowski. Falkowski sagte der Nachrichtenagentur PAP, der Bericht könne nicht als Rechtsgrundlage für Forderungen von Privatpersonen gelten. "Es ist ein wichtiges Dokument mit politischer Aussage und es kann allgemeinrechtlich gesehen als Argument bei laufenden Rechtsverfahren des Staates oder der Stadt verwendet werden."

Der Präsident Warschaus erläuterte, dass die Berechnungen des Teams einzig und allein die materiellen Schäden der Stadt betreffen. Wie viele Menschen [im Krieg] ihr Leben gelassen haben und wie viele ihre Gesundheit verloren haben - davon sei darin nicht die Rede. Nach Kaczynskis Ansicht ist die berechnete Summe "im Vergleich zur Wirklichkeit niedriger angesetzt", denn sie beinhalte beispielsweise nicht die Höhe der musealen Verluste oder die Verluste im "Telekommunikationsnetz".

Auf der Pressekonferenz am Montag wurden den Journalisten zwei Dokumente vorgestellt: Der "Bericht über Warschauer Kriegsverluste" sowie der Anhang zu diesem Bericht. Im Bericht selbst geht es um die Arbeitsmethoden des Teams. Der Anhang enthält Dokumentationsmaterial. Zu finden sind dort genaue Berechnungen des Wertes konkreter Objekte.

Kaczynski hob hervor, "diesen Bericht hätte es nicht gegeben, gäbe es nicht gewisse deutsche Zentren". Es gehe um die Preußische Treuhand und die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen Erika Steinbach. "Sollten bei Gerichten Verfahren anhängig werden, die Entschädigungsforderungen an die Polen betreffen, so werden wir ähnliche Verfahren gegenüber den Deutschen in die Wege leiten (...) Unsere Berechnungen könnten hilfreich sein", erklärte der Präsident Warschaus.

Lech Kaczynski sagte, er repräsentiere "diejenigen politischen Kräfte, die mit Ernst an das Reparationsproblem herangehen". "Der Standpunkt des Präsidenten und des Premierministers, den wir nicht verstehen, steht in völligem Widerspruch zu dem des Sejm. Ich teile die Meinung des Parlaments (...), ich spreche weder der Regierung noch dem Präsidenten die formale Legitimierung ab, (...) aber aus Sicht der Interessen unseres Landes meine ich, dass der Sejm recht hat", sagte er.

Am 10. September dieses Jahres hatte der Sejm nahezu einstimmig einen Beschluss über Polens Recht auf deutsche Kriegsreparationen sowie über die in Deutschland rechtswidrig an Polen und Polens Bürger gestellten Forderungen angenommen. In dem Beschluss appellierte der Sejm an die deutsche Regierung, die deutschen Entschädigungsforderungen an Polen für unbegründet zu erklären. Er forderte die Regierung der Republik Polen auch auf, entschlossene Schritte zur definitiven Anerkennung der eventuellen Verantwortung für den Schaden, den deutsche Bürger infolge der Umsiedlungen und des Eigentumverlustes nach dem Zweiten Weltkrieg erlitten haben zu unternehmen.

Präsident Aleksander Kwasniewski und Premier Marek Belka haben mehrfach betont, die Frage der polnischen Entschädigungsforderungen an Deutschland und der deutschen an Polen sei auf beiden Seiten abgeschlossen.

Kaczynski kündigte an, dass der Bericht dem Premierminister, dem Außenministerium sowie anderen für die Staatspolitik verantwortlichen Organen vorgelegt wird. (...) (TS)