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Westsahara wartet weiter

Steffen Leidel30. Oktober 2004

Der Weltsicherheitsrat hat das UN-Mandat in der Westsahara noch einmal verlängert. Eine Lösung des letzten Kolonialkonflikts in Afrika ist nicht in Sicht. Die Fronten sind verhärtet wie schon lange nicht mehr.

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Ein Volk hofft auf sein Recht auf SelbstbestimmungBild: AP
Karte Westsahara

Die UNO bleibt auch nach dem 31. Oktober in der Westsahara. Am Donnerstag (28.10.04) stimmte der Weltsicherheitsrat einstimmig für eine Resolution, die eine weitere Verlängerung der UN-Mission MINURSO (United Nations Mission for the Referendum in Western Sahara) in der Westsahara bis April 2005 vorsieht. Darin bekennt sich der Sicherheitsrat erneut zu dem Ziel, eine "für alle Seiten akzeptable politische Lösung zu finden, welche dem Volk der Westsahara sein Recht auf Selbstbestimmung gewährleisten soll".

Die Entscheidung kam nicht unerwartet. Sie ist wieder einmal als eine Notlösung zu verstehen, die eine weitere Eskalation des seit drei Jahrzehnten dauernden Konfliktes zwischen Marokko und der Befreiungsbewegung Polisario verhindern soll. Die UNO bleibt zunächst mit 203 Militärbeobachtern in der Region, nach Ablauf der sechs Monate soll über eine Reduzierung der Mission um 37 Mann nachgedacht werden.

Der Hintergrund

Nach dem Abzug der spanischen Kolonialmacht 1975 war die Westsahara - ein Gebiet so groß wie Westdeutschland, mit großen Phosphat- und Erdölvorkommen und reichen Fischbeständen vor der Küste - von Marokko besetzt worden. Es formierte sich die Befreiungsbewegung Polisario, die einen Guerillakrieg gegen die Besatzungsmacht führte.

1991 wurde ein Waffenstillstandsabkommen vereinbart, das die UNO überwachen sollte. Die Konfliktparteien einigten sich auch auf ein Referendum, in dem das Volk der Westsahara über ihre Zukunft entscheiden sollten. Die MINURSO sollte diese Volksabstimmung organisieren.

Dazu kam es jedoch bis heute nicht. Das Referendum scheiterte immer wieder am Widerstand Marokkos. 160.000 Flüchtlinge aus der Westsahara warten noch immer in der algerischen Wüstenstadt Tindouf darauf, ihr von der Weltgemeinschaft anerkanntes Selbstbestimmungsrecht in Anspruch zu nehmen.

Verbale Attacken

In den vergangenen Wochen haben sich die Fronten zwischen beiden Seiten erneut verhärtet. Es gab verbale Attacken, die Kriegsrhetorik wurde wieder bemüht. Der Vertreter der Polisario in Deutschland, Jamal Zakari, spricht im Gespräch mit DW-WORLD von einem "neuen Tiefpunkt in den Beziehungen zu Marokko".

Die Polisario fordert von Marokko die Umsetzung des so genannten Baker-Plans. Der im Juni 2004 abgetretene UN-Gesandte für die Westsahara und ehemalige US-Außenminister James Baker hatte 2003 einen Vorschlag zur Lösung des Konfliktes gemacht, der von der Polisario-Bewegung akzeptiert und vom Sicherheitsrat in der Resolution 1541 als "optimale Lösung" gepriesen worden war.

Vorgesehen war die Bildung einer autonomen Regierung in der Region, die aber für eine Dauer von fünf Jahren weiterhin zu Marokko gehören würden. Nach Ablauf dieser Frist sollte ein Referendum stattfinden, in dem die dort lebenden Menschen über die Zukunft des Territoriums abstimmen sollten. Allerdings lehnt Marokko den Plan kategorisch ab und kann dabei auf die stille Zustimmung Frankreichs hoffen.

Sicherheitsrat für Baker-Plan

In seiner jüngsten Entscheidung erkennt der UN-Sicherheitsrat den Baker-Plan noch einmal indirekt an, indem er an die entsprechende Resolution erinnert. Die Situation ist jedoch verfahren. Ob Alvaro de Soto, der von UN-Generalsekretär Kofi Annan zum Nachfolger von Baker ernannt wurde, diese knifflige Aufgabe lösen kann, ist ungewiss. Im neuen Resolutionsentwurf ist er nicht einmal erwähnt.

Die Polisario will ihn zudem als Sondergesandten nicht anerkennen. "Annan muss wieder jemanden mit dem diplomatischen Gewicht eines James Bakers ernennen", so Zakari. Die Polisario, die von Algerien unterstützt wird, hofft nun auf mehr internationalen Druck.

Als diplomatische Erfolg wertet Zakari die Entscheidung Südafrikas, die 1976 von der Polisario ausgerufene Arabische Demokratischen Republik Sahara (DARS) als Staat anzuerkennen. "Südafrika ist ein politisches Schwergewicht auf dem Kontinent", so Zakari.

Auch das Verhältnis zur spanischen Regierung unter José Rodriguez Zapatero hat sich nach anfänglichen Schwierigkeiten offenbar etwas verbessert, auch wenn die Aussagen der spanischen Regierung zur Westsahara diffus sind. Unklar bleibt, inwiefern sie diplomatischen Druck ausgeübt, um Marokko zu einer Zustimmung eines Referndums zu bewegen. Die Polisario hatte den von Zapatero forcierten Annäherungskurs Spaniens an Marokko misstrauisch beäugt. Marokko ist nicht nur ein wirtschaftlich bedeutender Handelspartner für Spanien, sondern soll auch bei der Bewältigung des Einwanderungsproblems helfen.