1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Französischer Philosoph Jacques Derrida ist tot

9. Oktober 2004

Er galt als einer der größten Denker Frankreichs, stellte jegliche Wahrheit in Frage und war in der internationalen Geisteswissenschaft berühmt - der Philosoph Jaques Derrida ist 74-jährig gestorben.

https://p.dw.com/p/5gRD
Derrida vor Studenten der Istanbuler Bocaziçi-Universität im Mai 1997Bild: JAST

Der französische Philosoph Jacques Derrida ist tot. Er starb in der Nacht zum Samstag (9.10.2004) im Alter von 74 Jahren an Bauchspeicheldrüsenkrebs, teilten Vertraute des Philosophen in Paris mit.

Der 1930 in Algerien geborene Derrida war im Ausland der bekannteste französische Denker; besonders in den Vereinigten Staaten hatte er sich durch sein Konzept der "Dekonstruktion" einen Namen gemacht. Zu seinen Werken gehören "Die Schrift und die Differenz", "Grammatologie", "Marx' Gespenster" sowie "Vom Geist: Heidegger und die Frage".

Dekonstruktivismus

Der Kultur- und Sprachphilosoph wurde bekannt, weil er die abendländische Metaphysik in Frage stellte. Er ging davon aus, dass es in der Literatur - wie auch in der Musik, der Kunst und der Architektur - mehrere Bedeutungen gebe, die der Schaffende nicht zwangsläufig gewollt oder selbst verstanden habe.

Der Kern des Denkens Derridas war die Annahme, dass es keine absolute Wahrheit gibt. Verschiedene, auch sich widersprechende Deutungen betrachtete er gleichzeitig als wahr. Um dies zu beweisen, wendete der Philosoph seine Dekonstruktivismus-Methode an. Dabei werden Texte so zerlegt, dass keine "wahre Interpretation" mehr möglich ist.

"'Dekonstruieren' heißt, eine Vorstellung, eine Einrichtung oder einen Wert zu nehmen und seinen Mechanismus zu verstehen, indem man den Zement entfernt, aus dem er gemacht ist", fasste ein Kritiker einmal zusammen.

Zuhause auf zwei Kontinenten

Beeinflusst wurde Derrida in seinem Ansatz vom Philosophen Martin Heidegger und dem Psychoanalytiker Sigmund Freud. Derrida wurde am 15. Juli 1930 in El Biar in Algerien geboren. Er studierte in Paris und ging anschließend als wissenschaftlicher Assistent an die Elite-Universität Harvard in die Vereinigten Staaten. Später lehrte er nicht nur an der namhaften Ecole Normale Superieure und der Sorbonne in Paris, sondern immer wieder auch als Gastprofessor in den USA. Derrida war mit einer Psychoanalytikerin verheiratet. Mit der Philosophin Sylviana Agacinski, der jetzigen Ehefrau des ehemaligen französischen Premierministers Lionel Jospin, hatte er einen Sohn. (mas)