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"Rumänien ist für uns eine zweite Heimat"

29. August 2003

Aromunen auf dem Balkan

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Bonn, 29.8.2003, DW-radio / Rumänisch, Cornel Baicu

In der rumänischen Hafenstadt Konstanza am Schwarzen Meer haben in diesen Tagen die 10. Internationalen Festspiele der Aromunen auf dem Balkan stattgefunden. Als Aromunen oder Wlachen bezeichnet man eine romanische Volksgemeinschaft, die über Albanien, Bulgarien, Griechenland, Mazedonien und Rumänien verstreut lebt. Ihre Sprache ist eng mit dem Rumänischen verwandt. Cornel Baicu mit Einzelheiten:

Nach der Wende von 1989 hat Rumänien - wie früher in der Zwischenkriegszeit - erneut eine Art Patronat für die aromunische Volksgemeinschaft auf dem Balkan übernommen. Vor dem Hintergrund sprachlicher und ethnischer Verwandtschaft unterstützt die Regierung in Bukarest die rund zwei Millionen Aromunen, die von Griechen und Slawen auch Wlachen genannt werden, nach Kräften: Schulbücher für aromunische Kinder in den Nachbarstaaten, Stipendien für Studenten an rumänischen Hochschulen, Symposien und Festspiele zählen zu den Projekten, die von Rumänien gefördert werden.

Die Aromunischen Festspiele, die seit 1993 jährlich in Konstanza stattfinden, haben nicht nur einen folkloristischen Teil, sondern werden stets auch von einem wissenschaftlichen Symposium begleitet. Dieses Jahr stand es unter dem Motto "Der Fortbestand der Wlachen auf dem Balkan - Aromunische Geschichte und Zivilisation". Außerdem war in der Zentralhalle der Universität "Andrei Saguna" - die übrigens nach einem Bischof aromunischer Herkunft benannt ist, der im 19. Jahrhundert für die Emanzipation der Rumänen in Österreich-Ungarn eintrat, eine Ausstellung über die traditionelle Lebensart der Aromunen zu sehen.

Zu den diesjährigen Festspielen nach Konstanza waren Vertreter aus Albanien, Bulgarien, Griechenland und Mazedonien angereist. Dime Dimtschew, Vorsitzender der mazedonischen Aromunen, zeigte sich über die Veranstaltung zufrieden:

"Wir sind den Veranstaltern sehr dankbar, dass sie alle Aromunen vom Balkan hierher eingeladen haben. Wir haben sowohl unsere historischen als auch andere Probleme besprochen. Es wurde gesungen, es wurden Gedichte vorgetragen - es wurde über alles diskutiert, was unsere aromunischen Brüder auf dem Balkan bewegt, vor allem in Griechenland, in Albanien und auch bei uns in Mazedonien, also in den Teilen, aus denen die Aromunen ursprünglich stammen. Es ist gut, dass es so ein Fest gibt."

Die Teilnehmer sahen sich durch die Festspiele in ihrer Identität als Volks- und Sprachgemeinschaft bestätigt. Die Aromunen stehen ganz oben auf der Liste der deutschen "Gesellschaft für bedrohte Völker". Sie stellten zwar keine politischen Forderungen, seien aber in vielen Balkanländern einem Assimilationsdruck ausgesetzt, heißt es in der Zeitschrift der Gesellschaft, "Pogrom". Groß sei dieser Druck vor allem in Griechenland.

Vor diesem Hintergrund lobte Vangel Shonde, Vorsitzender der Aromunen in Albanien, das Engagement Rumäniens, den Aromunen eine Plattform für den Dialog zu bieten. Er begrüßte auch die Tatsache, dass das griechische Generalkonsulat in Konstanza gemeinsam mit dem rumänischen Staatspräsidenten die Schirmherrschaft übernommen hat. Allerdings, so Shonde, sei es in vielen Ländern für die Aromunen schwierig, eine eigenständige Identität als Minderheit zu bewahren:

"Uns erfasst ein großes nationales Gefühl, wenn wir hier unsere Sprache hören. Rumänien ist für uns eine zweite Heimat. Man muss in Albanien leben, um zu erkennen, welche Opfer die Aromunen dort auf sich nehmen. Wir tun viel, wir haben aus eigenen Kräften eine aromunische Schule gegründet, wir drucken unsere Bücher, wir haben eine eigene Zeitung und wir kämpfen für die Wahrung unserer Sprache, Kultur, Traditionen und für unsere Gottesdienste."

In Deutschland kümmert sich neben der "Gesellschaft für bedrohte Völker" auch die "Union für aromunische Sprache und Kultur" mit Sitz in Freiburg um die Belange der Volksgruppe. Zu deren Mitgliedern gehören aromunische Vereine weltweit. Im Juni 1997 erwirkte dieser Verband die Annahme einer Empfehlung durch die Parlamentarische Versammlung des Europarats, die den Schutz des Aromunischen als Minderheitensprache vorsieht. Zwei Jahre später wurde sie von allen Regierungen der Mitgliedstaaten akzeptiert. Konkret umgesetzt worden, so Vertreter der Aromunen-Union, sei die Empfehlung jedoch erst von Mazedonien und Rumänien. (TS)