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Eigenständiges Volk oder doch Kroaten?

22. November 2002

– Bunjewatzen gespalten nach Forderung, als nationale Minderheit anerkannt zu werden

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Köln, 19.11.2002, DW-radio / Serbisch

Die Landsmannschaft der Bunjewatzen aus Subotica hat gefordert, dass die Bunjewatzen in Serbien als nationale Minderheit anerkannt werden. Indessen herrscht unter den Bunjewatzen noch Uneinigkeit darüber, ob sie tatsächlich ein eigenständiges Volk oder ob sie lediglich als Teil eines anderen Volkes anzusehen sind. Aus Novi Sad berichtet Dinko Gruhonjic.

Die Landsmannschaft der Bunjewatzen aus Subotica hat gefordert, dass die Bunjewatzen in Serbien als nationale Minderheit anerkannt werden. Den direkten Anlass dafür, diese bereits in der Vergangenheit geäußerte Forderung zu wiederholen, gab, dass im ersten Entwurf für die Vojvodina-Verfassung die Bunjewatzen überhaupt nicht erwähnt werden. Der stellvertretende Vorsitzende der Landsmannschaft der Bunjewatzen Blasko Gabric sagte DW-radio, die Bunjewatzen hätten sämtliche Merkmale eines Volkes: "Die Bunjewatzen verfügen über sämtliche Attribute eines Volkes. Ausgehend von einer eigenen Tracht, über Sprache, Liedgut und so weiter erfüllen wir alle Kriterien, außer dass wir nie eine eigene Führungspersönlichkeit hatten und nie erwogen haben, einen bunjewatzischen Staat zu gründen".

Franjo Vujkov, Vorsitzender des Kroatischen Volksbundes in Subotica vertritt dagegen die Ansicht, dass die Bunjewatzen kein eigenes Volk sind. Dabei spricht er ihnen keineswegs das Recht auf eine eigene Identität ab: "Sie fallen unter die Kroaten. Es ist aber ihr gutes Recht, sich nicht als Kroaten zu deklarieren. Hinsichtlich der nationalen Minderheiten wissen sie, welche Standardkriterien für Minderheiten gelten. Dies sind: sie müssen ein Herkunftsland und ein Herkunftsvolk haben. Bedauerlicherweise verfügen sie nicht darüber".

Der Vorsitzende der Landsmannschaft der Bunjewatzen Karlo Blesic sagte, das Herkunftsland der Bunjewatzen sei Serbien und Jugoslawien. Er fügte ferner hinzu, "es gibt im Exekutivrat der Autonomen Provinz Vojvodina eine Tafel mit einer Inschrift, auf der explizit steht: wir Völker Serbiens - Serben, Bunjewatzen und die Übrigen. Diese Tafel hängt bis zum heutigen Tage dort".

Der Vorsitzende des Ausschusses für interethnische Beziehungen des Vojvodina-Parlaments Kalman Kuntic sagte, Serbien könne die Bunjewatzen als nationale Minderheit anerkennen. Allerdings zöge dies noch weitere Aufgaben nach sich, die die Bunjewatzen ihm zufolge jedoch nicht erfüllen können, "darunter fiele die Standardisierung der Sprache, der Aufbau eigener Institutionen und so weiter. Dies stellt für eine so kleine Gemeinschaft ein großes, vielleicht sogar unlösbares Problem dar".

Den Angaben unserer Gesprächspartner aus der bunjewatzischen Landsmannschaft zufolge lebten im Jahre 1938 allein in Subotica 68 000 Bunjewatzen. Ihren Schätzungen nach leben dort auch heute nicht weniger Bunjewatzen. Im Zweiten Jugoslawien (in der Sozialistischen Föderativen Republik, die dem Königreich Jugoslawien folgte – MD) hätten 400 000 Bunjewatzen gelebt - die meisten in der Vojvodina, der Herzegowina, Dalmatien und in Lika. Den Bunjewatzen sei viele Jahre das Recht abgesprochen worden, sich als solche zu deklarieren. Daher seien viele assimiliert worden. "Bunjewatz" sei jedoch kein Spitzname, sondern der Name eines Volkes. Die Landsmannschaft wertet jedoch den Versuch, sie zu Kroaten oder Serben zu zählen, als Versuch, sie gewaltsam zu assimilieren.

Andererseits ist im bunjewatzischen Kulturzentrum in Subotica zu hören, dass die Bunjewatzen eigentlich Kroaten sind. Nach all diesen Aussagen scheint es, dass sich die Bunjewatzen zunächst über ihre einige Identität einigen sollten. Dies wird kein einfacher Prozess. Denn auch unter ihnen selbst gibt es viele Unstimmigkeiten und unterschiedliche Strömungen, die die Herkunft und die nationale Zugehörigkeit der Bunjewatzen unterschiedlich interpretieren. (md)