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Geithner besucht China

10. Januar 2012

US-Finanzminister Geithner ist in dieser Woche nach Peking gereist. Seine Kritik an Pekings Währungpolitik könnte diplomatischer ausfallen als in der Vergangenheit, denn die USA brauchen China in einer anderen Sache.

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US-Finanzminister Geithner (Foto: EPA/MICHAEL REYNOLDS)
Erste Station Geithners: ChinaBild: picture alliance/dpa

Es dürfte eine der letzten Gelegenheiten sein, noch einmal ohne Aufregung über die wirtschaftlichen Probleme zu sprechen, die die beiden größten Volkswirtschaften der Welt miteinander haben. Am Dienstag (10.01.2012) ist der US-amerikanische Finanzminister Timothy Geithner für zwei Tage nach Peking gereist und wird dort unter anderem mit Ministerpräsident Wen Jiabao zusammentreffen. Anschließend fliegt er weiter nach Japan.

Wie bei jedem Besuch Geithners in Peking wird es wohl um die chinesische Währung gehen, die die USA als unterbewertet ansehen. Es wird über das Handelsdefizit geredet werden: Seit vielen Jahren verdient China am gemeinsamen Handel, während die USA Verluste hinnehmen. Doch im Vordergrund wird dieses Mal ein anderes Thema stehen. Seit die Führung in Teheran neue Fortschritte in ihrem Atomprogramm meldet, drängen die USA China, sich an einem Embargo gegen die islamische Republik zu beteiligen.

Heimliches Embargo

Ölförderung in China (Foto: AP/Jiang Lin/Xinhua)
Chinas Industrie braucht iranisches ÖlBild: AP

China ist Irans größter Abnehmer von Rohöl. Knapp dahinter folgt die EU und dann Japan. Während Europa bereits angekündigt hat, Teheran kein Öl mehr abzukaufen, und Japan Bereitschaft signalisiert hat, sträubt sich China gegen verschärfte Sanktionen. "China glaubt nicht, dass Sanktionen der richtige Weg sind, um Spannungen abzubauen und das Problem von Irans Nuklearprogramm zu lösen", erklärte ein Sprecher des Außenministeriums in der vergangenen Woche. Was er nicht sagte: China hat seine Ölimporte in diesem Monat bereits um die Hälfte reduziert. Gerade erst hat Peking dieses Teilembargo um einen Monat verlängert.

Washington weiß diese stille Kooperation zu schätzen. Das US-Finanzministerium hat Ende Dezember erneut darauf verzichtet, China als "Währungsmanipulator" zu einzustufen. Jedes halbe Jahr gibt das Finanzministerium einen Bericht heraus, der sich mit dem internationalen Währungsmarkt beschäftigt. Und immer steht die Frage im Raum: Wie wird China eingestuft?

Drohen mit Handelssanktionen

Denn dass der Yuan unterbewertet ist und sich China damit unlautere Exportvorteile verschafft, das steht für die meisten Amerikaner außer Frage. Zwar vermerkt der Bericht positiv, dass der Yuan in den letzten Monaten gestiegen ist. Trotzdem liegt er nach Ansicht amerikanischer Experten weit unter dem Marktwert. Das Washingtoner "Peterson Institute for International Economics" schätzt, der Yuan werde noch immer 24 Prozent unter Wert getauscht.

Ein Bangangestellter zählt Geld (Fptp: AP/Elizabeth Dalziel)
Die USA fordern eine Aufwertung der chinesischen WährungBild: AP

Dennoch hat das Finanzministerium China in den letzten Jahren von Sanktionen verschont. Zuletzt wurde Peking 1994 offiziell der Manipulation bezichtigt. Das Etikett würde die amerikanische Regierung zwingen, offizielle Verhandlungen über den Wechselkurs mit Peking aufzunehmen und Strafzölle zu verhängen. Das allerdings wäre für Washington riskant, denn Peking ist zugleich der größte Gläubiger Washingtons. Peking hat ungefähr 1,1 Billionen Dollar in amerikanische Staatsanleihen investiert.

Die Politik der stillen Diplomatie Washingtons könnte aber trotzdem demnächst ein Ende haben. Denn mit dem bevorstehenden Wahlkampf wächst auch der Druck auf die Regierung, Peking gegenüber mehr Härte zu zeigen. Der Republikaner Mitt Romney, dem derzeit die besten Chancen auf eine Präsidentschafts-Kandidatur eingeräumt werden, droht bereits mit Sanktionen. "Da draußen gibt es einige Schummler und China ist einer von ihnen", sagte er vor kurzem und versprach, unter seiner Regierung werde China offiziell zum Währungsmanipulator erklärt.

Senat drängt auf Strafen

Bereits im Herbst hat zudem der Senat in Washington ein Gesetz verabschiedet, das Strafen gegen China vorsieht. Dass das Gesetz in Kraft tritt ist zwar unwahrscheinlich, denn auch der Kongress müsste zustimmen, und dort hat das Vorhaben im Moment keine Mehrheit. Doch wenn der Wahlkampf in den USA beginnt, wird sich die Obama-Regierung wohl allzu freundlicher Gesten gegenüber Peking wieder enthalten. Die USA werden sich wohl beeilen müssen, um Peking zur Kooperation in Sachen Iran zu drängen.

Autor: Mathias Bölinger

Redaktion: Matthias von Hein