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Zerbrechliche Hoffnung in Durban

6. Dezember 2011

Viele Industriestaaten wollen einen Kyoto II-Vertrag auf die lange Bank schieben. Nun signalisiert zumindest das Schwellenland China neue Kompromissbereitschaft. Umweltverbände fürchten, dass es trotzdem zu spät ist.

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Porträt (Foto: AP)
Leicht optimistisch: Christiana FigueresBild: AP

Vorsichtige Zwischenbilanz aus Durban, wo die Vereinten Nationen seit dem 28.11. ihren nunmehr siebzehnten Klimagipfel veranstalten. 194 Länder und über 15.500 Teilnehmer üben sich in Diplomatie und Schadensbegrenzung. In der Diplomatensprache werden die Vorhandlungen dann als "konstruktiv und produktiv" bezeichnet, doch ohne genaue Forschritte zu nennen.

In den Ministerrunden geht es vor allem um die Fortsetzung des Kyoto-Protokolls, der bisher einzigen international verbindlichen Regelung für Klimagas-Emissionen. Schon im Vorfeld des Gipfels wurde das Kyoto-Protokoll von Vielen bereits zu Grabe getragen – verfrüht, wie die UN-Klimachefin Christiana Figueres meint: "Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe für das Kyoto-Protokoll hat öffentlich gesagt, dass die Länder überlegen, wie eine zweite Verpflichtungsperiode aussehen könnte - und nicht, ob es überhaupt eine geben solle".

EU sucht Partner

Kraftwerk bei Peking (Foto: dpa)
Bisher haben sich weder die USA noch China oder Indien auf Klimaziele verpflichtetBild: picture alliance / dpa

In einer solchen Verpflichtungsperiode wäre auch die Europäische Union bereit, sich zu 30 Prozent CO2-Reduzierung zu verpflichten - statt der 20 Prozent, die bis jetzt gelten. Das erfordert jedoch Verpflichtungen von anderen, unterstreicht die europäische Klimakommissarin, Connie Hedegaard. Die EU habe sich nicht nur der ersten Verpflichtungsperiode angeschlossen, sondern auch die Ziele für Emissionsminderungen übertroffen, betonte sie. Jedoch sei die EU nur für elf Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich – und nur wenn andere Großemittenten sich auch verpflichten, werde die EU sich auf das 30 Prozent-Ziel verbindlich festlegen.

China und Indien gefragt

China wäre ein solcher möglicher Partner. China hat in den letzten Jahren immens in erneuerbare Energien und emissionsarme Technologien investiert. Verpflichtungen lehnen China und Indien aber bisher ab. Im Kyoto-Protokoll von 1997 sind nur Industrieländer verbindlich verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren – die großen Schwellenländer jedoch nicht. In Durban haben China und Indien Bereitschaft signalisiert, 2020 einem verbindlichen Abkommen beizutreten.

Messner spricht am Donnerstag (24.11.2011) im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin bei einer Pressekonferenz. (Foto: dpa)
Der Klimaberater der Bundesregierung: Dirk MessnerBild: picture-alliance/dpa

2020 könnte jedoch bereits zu spät für die Klimaziele sein, warnt Dirk Messner, Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik und Vizevorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung. Je länger man warte, desto unwahrscheinlicher werde es, die globale Erwärmung unter einem Durchschnitt von zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu halten. Dieses Ziel hatte sich die Weltgemeinschaft auf vorangegangenen Klimagipfeln gestellt. "Die USA sind im Augenblick nicht in der Lage politisch irgend etwas in Richtung Klimaschutz zu tun", sagt Messner. "Also brauchen wir einen der anderen großen Emittenten - China oder Indien. Ohne die ist eine ernsthafte Klimapolitik nicht mehr möglich".

Lösung im Parallel-Prozess?

Das müsse auch nicht unbedingt im Rahmen der UN-Klimaverhandlungen sein, wo sich 194 Parteien einig werden müssen. Dieser multilaterale Prozess gehe viel zu langsam voran, sagt Messner: "Wenn wir in der Lage wären Europa, China, Indien, Vietnam oder Südafrika in eine Richtung zu drängen, würde das signalisieren, dass sich ein beachtlicher Teil der Weltwirtschaft bewegt. Das würde dem UN-Prozess Beine machen."

Denn sowohl Wirtschaft als auch Politik wissen, dass die Würfel für eine klimafreundliche und grüne Zukunft jetzt fallen. Wer nicht mitspielt im Spiel um Innovationen und Investitionen, kann auch nicht gewinnen. Ob diese Erkenntnis allerdings in der Ministerrunde in Durban bereits für verbindliche Zusagen sorgt, wird sich erst Ende der Woche zeigen - wenn die Ministerrunden vorbei sind. Der UN-Klimagipfel endet am Freitag (9.12.).

Autorin: Helle Jeppesen zur Zeit in Durban

Redaktion: Oliver Samson