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Frontex bekommt mehr Macht

13. September 2011

Die Grenzschutzagentur Frontex soll eigenständiger und effektiver werden. Das Europaparlament hat entsprechende Pläne der EU-Kommission abgesegnet. Doch wie die EU mit Flüchtlingen umgehen soll, ist schwer umstritten.

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Boot mit Flüchtlingen (Foto: DW-TV)
Abwehren oder aufnehmen? Flüchtlingsboot im Mittelmeer

Frontex wird künftig eigene Grenzschützer anfordern und eigene Ausrüstung wie Hubschrauber und Fahrzeuge anschaffen können. Die Grenzschutzagentur der EU soll damit ein Stück unabhängiger von den Mitgliedsstaaten werden. Aber auch die Einhaltung der Menschenrechte beim Grenzschutz soll besser überwacht werden.

Die Vorschläge stammen von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström. "Ohne wirkungsvolle Grenzkontrolle kann das Schengen-System nicht richtig funktionieren", sagt sie und dürfte damit vielen aus der Seele sprechen. Die dänische Regierung etwa hatte mit dem Argument die Grenzkontrollen zu den Schengen-Staaten Deutschland und Schweden wiedereingeführt. Doch das ist für Malmström nur die eine Seite. "Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass Menschen, die sich an Europa wenden, um Schutz zu suchen, in Übereinstimmung mit unseren Werten und dem Völkerrecht behandelt werden."

Zutritt zur EU kaufen?

Barry Madlener (r) mit Parteichef Geert Wilders (Foto: dpa)
Barry Madlener (r) mit seinem Parteichef Geert WildersBild: picture-alliance/dpa

Im Europaparlament prallten dann am Dienstag (13.09.2011) die unterschiedlichen Ansichten über die neuen Vollmachten für Frontex aufeinander. Wie soll Europa, wie soll Frontex mit Flüchtlingen umgehen? Cornelia Ernst von der Fraktion der Linken meint: grundsätzlich gastfreundlich und hilfsbereit. "Frontex verkörpert im Kern eine falsche Politik gegenüber Flüchtlingen in Europa, die nicht nur wegen politischer Verfolgung, sondern auch aus wirtschaftlichen Erwägungen, aus Gründen von Hunger, von Bürgerkriegen, Klimakatastrophen ihr Land verlassen. Es gibt keine illegalen Menschen."

Auf der anderen Seite stehen Abgeordnete, denen Frontex viel zu lasch ist. Darunter ist der Niederländer Barry Madlener von der rechtsgerichteten Partei der Freiheit. "Die Bürger fragen sich, wo Frontex ist, da Zehntausende Glückssucher aus Nordafrika in die EU gekommen sind, ohne Probleme die Außengrenzen überschritten haben und entweder den Asylprozess durchlaufen oder in die Illegalität gehen." Madlener sagte, durch Korruption beispielsweise in Bulgarien könne sich praktisch jeder mit ein paar hundert Euro Schmiergeld Zugang zur EU kaufen.

Keine unabhängige Kontrolle

Cecilia Malmström (Foto: dpa)
Malmström: "Schengen funktioniert nicht ohne Kontrolle"Bild: picture-alliance/dpa

Differenzierter als die meisten Abgeordneten ist etwa die Grünenpolitikerin Barbara Lochbihler. Sie sieht deutliche Verbesserungen gegenüber dem jetzigen Frontex-Mandat, mahnt aber weitere Verbesserungen an. Es sei gut, "dass Frontex-Mitarbeiter eine menschenrechtspolitische Ausbildung erhalten, dass man einen Grundrechtsbeauftragten geschaffen hat und dass es bei Fehlverhalten eine Berichtslegung geben muss". Leider werde es aber keine unabhängigen Beobachter geben, die die neuen Regeln auch überwachten. "Deshalb wird die Frage bleiben, ob das, was wir geschaffen haben, auch wirklich angewandt wird."

Die Kommission hat mit ihren Vorschlägen versucht, beiden Seiten entgegenzukommen. Und das scheint ihr auch gelungen zu sein. Denn die Abgeordneten haben der Vorlage mit großer Mehrheit zugestimmt. Eine abschließende Zustimmung der Mitgliedsstaaten steht zwar noch aus, dürfte jedoch eine reine Formsache sein. Damit werden die neuen Regeln voraussichtlich schon Ende dieses Jahres in Kraft treten.

Autor: Christoph Hasselbach

Redaktion: Dirk Eckert