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Aus Angst um das Ersparte plündern Griechen ihre Bankkonten

13. Juli 2011

Griechenlands Bankrott ist noch nicht abgewendet. Und so schwindet allmählich das Vertrauen der Menschen in das heimische Bankensystem. Sie plündern ihre Bankkonten und bringen die Geldinstitute in Schwierigkeiten.

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Hand mit Geldbündel (Quelle: @ fotolia)
Die griechischen Anleger fürchten um ihr GeldBild: Fotolia

Einer, der zurzeit viel zu tun hat, ist Vangelis Kritikós. Der Schiffsunternehmer und Überlebenskünstler, der sein erstes Geld als Werftbesitzer in Ghana verdiente und heute unter anderem Touristenfahrten auf der Insel Kos anbietet, hat schon vor zwölf Jahren einen Verein gegründet, der sich dem Schutz von Kreditnehmern und Kleinanlegern widmet. Er hilft Bankenkunden, Wege aus der Überschuldung zu finden. Aber auch Kleinanleger, die Angst um ihre Ersparnisse haben, suchen bei ihm Rat – in letzter Zeit sogar immer öfter.

Kapitalflucht im großen Stil

"Anfangs waren es vor allem die Reichen, die ihr Geld ins Ausland schafften – wohl auch deswegen, weil ein Teil ihres Einkommens überhaupt nicht versteuert war", erklärt Kritikós. Doch mittlerweile würden auch herkömmliche Anleger und Kleinsparer ihre Bankkonten leer räumen. "Es gibt sogar Leute auf dem Land, die ihr Geld im eigenen Garten vergraben, wie in alten Zeiten", erzählt der Athener Unternehmer. Außerdem müssten viele Menschen ihre Ersparnisse angreifen. Kritikós glaubt, dass sich der Run auf die Banken fortsetzen wird.

Bankgebäude in Griechenland (Quelle: AP Photo/Alkis Konstantinidis)
Die Kapitalflucht ist ein Problem für die griechischen BankenBild: AP

Der griechische Bankenverband hat wiederholt erklärt, dass Spareinlagen bis 100.000 Euro pro Kunde sicher seien. Dennoch werden viele Griechen durch Spekulationen über eine drohende Staatspleite verunsichert. Da die Kontoeröffnung im europäischen Ausland rechtmäßig ist, kann die Regierung auch nicht verhindern, dass Milliarden nach Zypern oder in die Schweiz geschafft werden; auch deutsche und britische Banken profitieren von den risikoscheuen griechischen Anlegern. Andere wiederum möchten ihr Geld nicht auf ausländische Banken überweisen, sondern lieber von zu Hause aus in sichere Papiere investieren, beobachtet Vangelis Haratsís, Finanzanalyst und Leiter einer Athener Finanzdienstleistungsfirma.

Die Banken weiter in Bedrängnis

"Die Menschen haben Angst um ihr erspartes Vermögen", sagt Haratsís. Selbst viele Kleinanleger mit 20.000 oder 30.000 Euro auf der Bank seien auf der Suche nach alternativen Anlagemöglichkeiten, bei denen sie möglichst kein Risiko eingehen, erklärt der Finanzexperte: "Konservative Anleger kaufen am liebsten deutsche Staatsanleihen. Wer eine höhere Rendite anstrebt, investiert auch verstärkt in Unternehmensanleihen."

Ob das Geld sofort verbraucht wird, auf dem Konto einer ausländischen Bank landet oder anderweitig angelegt wird – es fehlt den einheimischen Banken für ihr Alltagsgeschäft. Seit Ausbruch der Schuldenkrise in Griechenland sind die privaten Geldeinlagen um 45 Milliarden Euro gesunken. Allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres hoben griechische Anleger über 22 Milliarden Euro von ihren Bankkonten ab. "Wenn sich diese Tendenz fortsetzt, drohen viele Geldinstitute auszutrocknen", warnt Vangelis Haratsís.

Griechische Banken würden von überall her bedrängt. Sie hätten hohe Kreditausfälle und einen hohen Bestand an griechischen Staatsanleihen, erklärt der Experte. Hinzu kommt, dass viele Kreditinstitute von den Rating-Agenturen auf "Ramsch"-Niveau herabgestuft wurden. "Wenn jetzt auch noch die Kunden ausbleiben, dann werden viele Banken ins Straucheln kommen und die Realwirtschaft überhaupt nicht mehr finanzieren können", gibt Haratsís zu bedenken.

Das Misstrauen erwacht wieder

Mann steckt Geld in einer Spardose (Quelle: Hans Wiedl (c) dpa)
Das Geld dann doch lieber zu Hause aufbewahren?Bild: picture-alliance / ZB

Der Unternehmer und Sprecher der Kreditnehmer Vangelis Kritikós sieht ein weiteres Problem. Die Steuerpolitik der griechischen Regierung würde viele Bankkunden verprellen und quasi dazu zwingen, ihre Konten leer zu räumen.

Erst hätte man die Inhaber von Bankeinlagen gewarnt, dass höhere Steuern und zusätzliche Steuerkontrollen auf sie zukommen. Dann hieß es, wer dem Fiskus Geld schuldet, müsse ab sofort mit einer Kontopfändung rechnen, hebt Kritikós hervor. Seit Monaten würden Bankkunden ständig mit Horrormeldungen überhäuft.

"Dabei hatte man diese Menschen erst in den neunziger Jahren mit Mühe und Not überzeugt, ihr Geld überhaupt auf die Bank zu bringen. Jetzt geht man den gleichen Weg - wohl aber rückwärts", beklagt der Unternehmer.

Autor: Jannis Papadimitriou

Redakteur: Blagorodna Grigorova