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Zensuren für Unternehmen

28. März 2011

Auf einem neuen Internetportal können Praktikanten jetzt ihren Arbeitgebern ein Zeugnis ausstellen. Bei www.meinpraktikum.de finden auch Studenten aus dem Ausland ein Angebot in Deutschland.

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Frau am Schreibtisch (Foto: picture alliance)
Bewertet werden auch die KarrierechancenBild: picture-alliance / chromorange

Bisher beurteilten Unternehmen ihre Praktikanten. Doch nun stellen auch Praktikanten den Unternehmen ein Zeugnis über die Qualität des Praktikums aus. Nicht in kleinem Kreis, sondern im Internet. Mit ihrem Internetportal wollen die beiden Gründer Stefan Peukert und Daniel Pütz aber nicht nur Praktikanten eine Bewertungsplattform bieten, um ihren Frust abzulassen. Bei www.meinpraktikum.de können sich auch Unternehmen mit ihrem Profil präsentieren und ganz konkret beschriebene Praktikumsplätze anbieten. Auch für Studenten aus dem Ausland.

Fünf Sterne in sechs Kategorien

Daniel Pütz (links), Stefan Peukert (rechts), Start-Up-Unternehmer "meinpraktikum.de" (Foto: meinpraktikum.de)
Daniel Pütz und Stefan PeukertBild: meinpraktikum.de

Für ihr Projekt haben Stefan Peukert und Daniel Pütz schon kurz nach dem Unternehmens-Start den IT-Innovationspreis der Initiative Mittelstand erhalten. Um zu erfahren, was Studenten von einem Praktikum erwarten und welche Erfahrungen sie bei ihrem Abstecher in die Arbeitswelt gesammelt haben, gingen Peukert und Pütz erst einmal auf Deutschlandtour. An den 20 größten Hochschulen der Republik stellten sie ihr Projekt vor. Heraus kam ein Bewertungsprogramm für sechs Kategorien: Atmosphäre, Aufgaben, Betreuung, Karrierechancen, Lernerfolg, Wertschätzung. In jeder Kategorie können bis zu fünf Sterne vergeben werden. Und selbstverständlich können die Teilnehmer ihre persönlichen Erfahrungen ausführlich beschreiben. Getan haben das bisher über 2.000 – und täglich werden es mehr.

Jedes Jahr absolvieren etwa 550.000 junge Menschen in Deutschland ein Praktikum. Gut ein Drittel davon sind Studenten. Nicht einmal die Hälfte der Studenten erhält nach einer Untersuchung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales dafür eine Bezahlung. Und wer hofft, nach dem Praktikum in einem Unternehmen gleich eine Karriere starten zu können, der befindet sich auf dem Holzweg. Lediglich 23 Prozent werden nach einer Erhebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes weiter beschäftigt.

Kluft zwischen Erwartung und Praxis

Frau beim Kopieren (Foto: DW)
Kaffee holen und kopieren - Jobs für Praktikanten?Bild: DW

Die "Generation Praktikum" hat schon für viele Schlagzeilen gesorgt. Meist negative. Praktikanten, so der Tenor, sind billige Mitarbeiter mit den Arbeitsschwerpunkten Kaffeeautomat und Kopierer. Mit ihrem Internetportal wollen die beiden Absolventen der Universität Witten/Herdecke Unternehmen nicht an den Pranger stellen, wie Stefan Peukert betont: "Wir wollen den Unternehmen nicht per se schaden. Aber wir wollen genau das ausstellen, was sie wirklich anbieten."

Praktikantenerwartung und Praxis klaffen oft weit auseinander. Und da wollen Peukert und Pütz mit ihrem Internetportal eine Schnittstelle bieten. Denn nach den ersten Auswertungen stellt Daniel Pütz fest, dass man nicht grundsätzlich sagen kann, ob ein Praktikum gut oder schlecht ist. Vielmehr komme es darauf an, ob ein Praktikum zu dem Bewerber passt oder nicht. Und umgekehrt. "Am Anfang des Studiums will ich vielleicht eine engere Betreuung haben. Aber am Ende des Studiums, wo ich auch mehr Erfahrung in der Praxis gesammelt habe, da möchte ich eigenverantwortlich arbeiten und auch mal ein ganzes Projekt verantworten." Und genau das will das Portal der beiden Studenten der Uni Witten/Herdecke bieten.

Firmen suchen qualifizierten Nachwuchs

Und darum konnten sie auch einige renommierte Unternehmen als Partner mit ins Boot holen. Wie etwa die Deutsche Bank, die Lufthansa, das Energieunternehmen RWE und Unilever. Aufgrund des demografischen Wandels, sagt Stefan Peukert, müssen Unternehmen schließlich immer früher daran interessiert sein, qualifizierten Nachwuchs zu rekrutieren. Über Praktikanten, die wissen, was sie wollen. Durch die straffe Organisation in Bachelor- und Masterstudiengänge bleibt den Studenten sowieso nur wenig Zeit für mehrere Praktika.

Unternehmen, die sich auf ihrem Portal präsentieren, können sich, versichert Stefan Peukert, natürlich nicht von kritischen Bewertungen frei kaufen. Das wäre auch zu billig für ein paar Tausend Euro, die das Start-up-Unternehmen dafür erhält. Denn das bietet immerhin globale Perspektiven. Im Ausland für deutsche Bewerber und in Deutschland für Ausländer.

Studenten aus dem Ausland etwa finden nach der Eingabe ihrer Wunschstandorte in Deutschland die Unternehmen, die dort Praktika anbieten. Oder, soweit es sich um Global Player handelt, in anderen Ländern auf dem Globus. Und auch deutsche Studenten, die es in die Welt hinaus zieht, werden fündig. Ob bei der Lufthansa oder deutschen Autobauern, die in den USA, China oder Südafrika Produktionsstandorte unterhalten. Eine Börse für Praktikanten - die in Zeiten des Internets keine Grenzen mehr kennt und Gesuchte mit Suchenden zusammen bringen kann.

Autor: Klaus Deuse

Redaktion: Monika Lohmüller