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Comics auf der Buchmesse

17. März 2011

Die Leipziger Buchmesse zieht Jahr für Jahr tausende Kinder und Jugendliche an – mit ihrem grell-bunten Schwerpunkt "Comic und Manga". Doch der Leipziger Comic-Szene ist das längst nicht genug.

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Die Leipziger Buchmesse wird in dieser Woche (17.-20.3.2011) wieder tausende Händler und Besucher locken. Sie gilt als Publikumsmagnet. Geschafft hat sie das mit einem Konzept der niedrigen Hemmschwellen. Nirgends sonst sind sich Autoren und Leser so nah. Das Literaturfestival "Leipzig liest" dringt während der ganzen Messe in jeden Winkel der Stadt und gilt als das größte Lesefest Europas. Die Herzen des jungen Publikums haben die Messemacher vor allem durch den Schwerpunkt "Comic und Manga" erobert. Dieser sehr internationale und sehr bunte Bereich gehört für viele längst untrennbar zum Gesicht der Leipziger Buchmesse dazu.

Der Direktor der Leipziger Buchmesse, Oliver Zille, (Foto: Hendrik Schmidt)
Oliver ZilleBild: picture-alliance/dpa

Oliver Zille, Direktor der Leipziger Buchmesse, erinnert sich an die Anfänge: "Wir mussten damals überlegen, wie wir Jugendliche zwischen 13 und 18 stärker auf die Messe holen können, die Buchmesse hatte ein etwas verstaubtes Image." Comic- und Kinderbuchverlage waren sofort begeistert und so gab es 2001 den ersten eigenen Comicbereich auf der Leipziger Messe.

Manga-Boom als Starthelfer

Jugendliche im Manga Kostüm (Foto: DW, Jodi Breisler)
Manga-FansBild: DW / Jodi Breisler

Zu der Zeit eroberten gerade Mangas die Herzen der deutschen Jugendlichen. Die Messe nutzte das und etablierte einen mittlerweile sehr renommierten Nachwuchs-Wettbewerb für Manga-Zeichner. Darüber hinaus kommen internationale Szene-Größen zu Signierstunden. Regelmäßig findet der Leipziger Cosplay-Wettbewerb statt. In diesem Jahr wird zusätzlich die Vorauswahl zum European Cosplay Gathering in Leipzig ausgetragen. Das Ziel der Messe ging auf. "2011 ist dieser Comic- und Manga-Bereich vor allem für junge Leute ein festes Bild, das untrennbar zur Buchmesse gehört", resümiert Buchmessedirektor Oliver Zille.

Weniger lokale Präsenz auf der Messe

Dass Comic und Manga auch außerhalb der Messe in Leipzig stattfinden, gehe allerdings völlig unter, beklagt der Leipziger Comicladen-Besitzer Sebastian Röpke. Dabei hat die Stadt eine sehr lebendige und engagierte Comic-Szene. Röpke ist einer der Pfeiler dieser Szene und in diesem Jahr zum ersten Mal nicht auf der Buchmesse vertreten. Er ist enttäuscht vom Messekonzept und kann und will sich die neuen Standmieten nicht mehr leisten. So feiert er quasi seine eigene kleine Messe bei sich im Laden, hat den Leipziger Comic-Star Schwarwel und den Art-Direktor der Simpsons Serban Cristescu zu Gast.

Leipziger Comic-Stammtisch lädt Messegäste ein

Auch die Macher des Leipziger Comic-Stammtisches wollen sich nicht ins Messegetümmel stürzen. Dafür laden sie an zwei Extra-Abenden zum Fachsimpeln an ihren Stammtisch in die Gartenkneipe "Siegismund". Was die Gäste dort erwartet, erklärt Thowi alias Thomas Wilde, Herz und Seele der Leipziger Comic-Szene: "Wir tauschen uns aus, bringen unsere Schätze mit, es werden Feste und Events geplant." Die jüngste regelmäßige Besucherin des Stammtisches ist mit 15 Jahren die Leipzigerin Lina Fleischer: "Wenn man allein ist, sitzt man oft stundenlang vor dem leeren Blatt und hier kommen verschiedene Ideen und Vorschläge, wie man es mal probieren könnte."

Comics wollen raus aus der Ecke

Ein Junge liest in einem Comic auf der Leipziger Buchmesse (Foto: AP Photo/Eckehard Schulz)
Comic-Leser auf der Leipziger BuchmesseBild: AP

Was die Leipziger Comic-Fans am meisten ärgert: Die Buchmesse würde das Nischendasein des Comics eher befördern, als das Genre zu stärken und populärer zu machen. Junge Nachwuchszeichner außerhalb des Mangas, anspruchsvolle Comic-Romane und Comic-Reportagen fänden in Leipzig viel zu wenig statt. Die Vielfalt des Comics und seine Trends zu zeigen, wäre aber die Aufgabe einer innovativen Literaturmesse, sagt der Journalist und Comic-Experte Stefan Pannor. Er empfindet den Bereich der Comics auf der Leipziger Buchmesse als abgekapselt: "Man ist da in einer eigenen kleinen Blase aus Comics. Ich würde mir wünschen, auf der Leipziger Buchmesse zu sagen, wir sind Comic und als Comic gehören wir zur Literatur und weil wir das tun, sind wir nicht mehr unser eigenes kleines Ghetto, sondern sind genau dort, wo alle anderen sind." Die Leipziger Comicmacher und –fans wollen raus aus der Ecke. Deren Exotik und Farbenpracht hat der Messe zwar zu einem neuen Image verholfen – weg vom Bild von Hallen voll schwer beladener Büchertische und graumelierter Hornbrillenträger. Nach zehn Jahren greller Manga-Lastigkeit scheint es nun an der Zeit zu sein, dass die Buchmesse das Image des Comics auffrischt.

Autorin: Antje Hoffmann

Redaktion: Gudrun Stegen