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Islam in Kirgisistan

9. März 2011

80 Prozent der Kirgisen bezeichnen sich inzwischen als Muslime. Seit den 1990er-Jahren hat sich die Zahl der Moscheen verdoppelt. Auch in Politik und Wirtschaft werden islamische Regeln wichtiger - ein Anlass zur Sorge?

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Moschee in Novopokrovka, Kirgisistan, in der Nähe von Bischkek (Foto: DW)
In Kirgisistan entstehen viele neue MoscheenBild: DW

Rein statistisch gesehen, nimmt die Bedeutung des Islam in Kirgisistan deutlich zu, denn es gibt heutzutage mehr als 2000 Moscheen in Kirgisistan - Tendenz steigend. Allein im Jahr 2010 wurden etwa 100 neue Gebetshäuser registriert. "Viele von ihnen werden von ausländischen Stiftungen finanziert, hinter denen meistens arabische Staaten stehen", sagt Jusupschan Kadyraschijew von der kirgisischen Staatskommission für Religionsfragen. Laut Verfassung ist die zentralasiatische Republik zwar ein säkularer Staat, doch Glaubensfragen gewinnen mittlerweile in der Politik wie auch in der Wirtschaft zunehmend an Gewicht.

Religion als beliebtes Wahlkampfthema

Gebäude des kirgisischen Parlaments in Bischkek (Foto: picture-alliance)
Abgeordnete fordern Gebetsraum auch im ParlamentBild: picture-alliance / Bildagentur-online/McPhoto-Str

Gerade Politiker versuchen mit religiösen Themen auf Wählerfang zu gehen. Kirgisische Abgeordnete fordern nun die Einrichtung eines Gebetsraums im Parlamentsgebäude. Auch über eine Sitzungspause für das Freitagsgebet wird zurzeit beraten. "Viele Politiker sprechen offen über ihre Religiosität", sagt Kadyr Mailikow, Leiter des kirgisischen Forschungszentrums "Religion, Recht und Politik". "Manche Politiker verstehen, dass es heutzutage bei der Bevölkerung Pluspunkte bringt, wenn man an geistige und religiöse Werte appelliert", fügt er hinzu.

Die Politik reagiert dabei auf einen klaren Trend in der Gesellschaft: mehr als 250.000 Kirgisen bezeichnen sich inzwischen als regelmäßige Moscheegänger. Etwa 30 Konfessionen sind in Kirgisistan vertreten, doch als Hauptreligion gilt der Islam. Er gewinnt an neuer Kraft. "Wenn man bedenkt, dass sich mehr als 80 Prozent der Kirgisen als Muslime betrachten, dann gilt natürlich das größte Interesse gerade dem Islam", erläutert Kadyraschijew.

Einfluss des Islam auf die Wirtschaft

Die Wirtschaft hat sich ebenfalls auf die religiöse Kundschaft eingestellt. Neben den Fachgeschäften setzen nun auch die üblichen Supermärkte auf Produkte mit dem Halal-Siegel - Nahrungsmittel, die streng nach den Gesetzen der Scharia hergestellt wurden. Auch die Textilbranche profitiert von dem religiösen Wandel, denn immer mehr Frauen, insbesondere in der kirgisischen Provinz, gehen nur in traditioneller muslimischer Kleidung aus dem Haus.

Selbst im Bankwesen halten islamische Prinzipien Einzug. Im Jahr 2006 unterzeichnete die kirgisische Regierung ein Abkommen mit der Islamischen Entwicklungsbank. Kredite werden von ihr nur an Unternehmen vergeben, die nicht den Gesetzen der Scharia widersprechen. So ist beispielsweise die Unterstützung von Glücksspiel oder Alkoholproduktion verboten.

Karte Zentralasiens mit Kirgisistan (Grafik: DW)
Die ehemalige Sowjetrepublik Kirgisistan hat rund 5,5 Millionen Einwohner

"Ein unumkehrbarer Prozess"

Laut Angaben der Staatskommission für Religionsfragen gibt es in dem Land mit rund 5,5 Millionen Einwohnern etwa 1700 offiziell registrierte Moscheen, neun islamische Hochschulen, etwa 60 Religionsschulen, rund 60 islamische Zentren, Stiftungen und Vereinigungen. Schätzungsweise mehrere hundert Moscheen bestehen ohne eine offizielle Genehmigung.

Zurzeit wird in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek eine neue Zentralmoschee errichtet, sie soll die größtes des Landes werden. Ihre Minarette sollen eine Höhe von etwa 60 Metern erreichen.

Die Bedeutung des Islam werde in Kirgisistan weiterhin zunehmen, meint Malikow. "Dieser Prozess ist unumkehrbar", sagt er. Doch wichtig sei jetzt, nicht alle Kraft in die Bekämpfung islamischer Werte, sondern sie beispielsweise in die Bildung zu stecken, betonte Malikow.

Autoren: Alexander Tokmakow, Artjom Maksimenko
Redaktion: Markian Ostaptschuk / Nicole Scherschun