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Die Bundeswehrreform sorgt in Berlin für neuen politischen Streit.

27. Februar 2011

Karl-Theodor zu Guttenberg sorgt weiter für Schlagzeilen: Nach dem Vorwurf, Teile seiner Promotion abgeschrieben zu haben, verursacht auch die bevorstehende Aussetzung der Wehrpflicht neuen politischen Streit.

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Verteidigungsminister zu Guttenberg während einer Bundestagsdebatte (Foto: dapd)
In der Kritik: Minister zu GuttenbergBild: dapd

Die Rückkehr zur politischen Arbeit sollte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nach der Debatte um die von ihm kopierten Passagen seiner Doktorarbeit jetzt eigentlich Entlastung bringen. Doch ob die große Reform der Bundeswehr ein Erfolg für den Minister wird, ist derzeit alles andere als sicher. Bislang steht lediglich der Fahrplan: Vor wenigen Tagen haben die letzten grundwehrdienstleistenden Rekruten ihr Feierliches Gelöbnis abgelegt. Von nun an werden keine Männer mehr gegen ihren Willen zur Bundeswehr eingezogen - die Wehrpflicht wird zum 1. Juli 2011 ausgesetzt.

Letztes Rekrutengelöbnis

Rekruten einer Berliner Kaserne legen das letzte Feierliche Gelöbnis ab (Foto: dpa)
Rekruten einer Berliner Kaserne beim Feierlichen Gelöbnis.Bild: picture alliance / dpa

Mit dem faktischen Ende der Wehrpflicht versiegt allerdings eine wichtige Nachwuchsquelle der Streitkräfte. Rund 40 Prozent der Bewerber für länger dienende Soldaten sowie Zeit- und Berufssoldaten waren zuletzt Grundwehrdienstleistenden. In Zukunft muss die Bundeswehr das Interesse von jungen Männern und Frauen am Dienst in den Streitkräften wecken, ohne dass mögliche Kandidaten bereits durch ihren Wehrdienst erste Erfahrungen gemacht haben.

Rund fünf Millionen Euro will das Verteidigungsministerium in den kommenden Monaten in Werbung investieren. Neben Radio- und Fernsehspots setzt es vor allem auf Zeitungsanzeigen. Dass hierbei mit den Boulevardblätter "Bild" und der "Bild am Sonntag" vor allem Zeitungen ausgewählt wurden, denen ein vertrautes Verhältnis zum Verteidigungsminister nachgesagt wird, sorgt bei der Opposition für Empörung.

Der Fraktionschef der Grünen-Partei im Bundestag, Jürgen Trittin, spricht von einem "schmutzigen Deal." Das Verteidigungsministerium verweist dagegen auf unterschiedliche Phasen der Nachwuchswerbung, die sich derzeit auf Radio- und Fernsehspots konzentriert und ab April auf die reichweitenstarken Boulevardmedien setzt. Rund ein Achtel des Werbebudgets soll bei "Bild", "Bild am Sonntag" und der Online-Seite bild.de insgesamt investiert werden.

Bevorzugt der Minister bestimmte Boulevardmedien?

Symbolbild zur Berufsarmee: Drei Soldaten der US-Armee während einer Patrouille in Afghanistan (Foto: dpa)
Beispiel USA: Nachwuchswerbung kostet viel GeldBild: AP

Doch egal welche Medien von den Werbeaufträgen profitieren: Fachleute sind skeptisch, ob die Bundeswehr mit dem vorgesehenen Budget überhaupt genügend Freiwillige rekrutieren kann. Rund 50.000 Bewerber jährlich brauchen die deutschen Streitkräfte nach Berechnungen von Personalexperten. Legt man die Erfahrungen der US-Armee zu Grunde, müsste die Bundeswehr ihr Werbebudget auf bis zu 1,6 Milliarden Euro erhöhen. In Washington kalkulieren die Planer für jeden angeworbenen Soldaten Ausgaben von rund 30.000 Dollar.

Ob auch die Deutschen nur mit saftigen finanziellen Lockangeboten und viel Werbung für den Dienst an der Waffe zu ködern sind, ist noch offen. Aber die Erfahrungen der europäischen Nachbarn sprechen dafür, dass der Umstieg zur Berufsarmee in den ersten Jahren teuer wird. Weil der Verteidigungsminister mit der Reform aber ursprünglich Geld sparen wollte, birgt der Umbau der Streitkräfte noch viel politischen Sprengstoff.

Autor: Andreas Noll

Redaktion: Klaudia Prevezanos