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Widerstand

21. Februar 2011

Russlands Umweltschützer wollen den Bau von Straßen und Pipelines durch Naturschutzgebiete verhindern. Erfolge haben sie bislang kaum zu verbuchen. Dennoch wollen sie sich der Willkür der Behörden weiter widersetzen.

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Beschmierte Schilder, die auf Waldrodung hinweisen (Foto: dpa)
Protest gegen Waldrodung in RusslandBild: picture alliance/dpa

Russlands Umweltschützer sehen zahlreiche Naturschutzgebiete des Landes in Gefahr. Sie beklagen, dass Behördenvertreter die natürlichen Ressourcen des Landes nur als Geldquelle betrachten. Abfinden wollen sich Umweltaktivisten damit aber nicht und organisieren Widerstand. "Wir haben gezeigt, dass wir in der Lage sind, Widerstand zu leisten", sagte Jewgenija Tschirikowa, Führerin der Bewegung zum Schutz des Chimki-Waldes bei Moskau.

Handgemänge zwischen Demonstranten und Polizisten während der Proteste gegen den Bau einer Autobahn durch den Chimki-Wald bei Moskau (Foto: dpa)
Umweltschützer wollen den Bau einer Schnellstraße verhindernBild: picture alliance/dpa

Durch den Chimki-Wald soll ab 2013 eine Schnellstraße von der russischen Hauptstadt nach St. Petersburg führen. Gegen das Projekt hatte es jahrelang Proteste von Umweltschützern, Anwohnern und Menschenrechtlern gegeben. Sie beklagten Korruption und das Durchsetzen privater Finanzinteressen. Präsident Dmitrij Medwedew stoppte den Autobahnbau im August 2010 vorläufig und begründete dies mit der Notwendigkeit "zusätzlicher Analysen". Weite Teile des Chimki-Waldes waren zu dem Zeitpunkt aber bereits gerodet. Im Dezember erklärte dann die russische Regierung, angesichts der chronischen Verkehrsüberlastung in Moskau habe man sich darauf verständigt, mit dem Bau der Schnellstraße fortzufahren.

Trotz des Weiterbaus der Trasse ist Tschirikowa überzeugt, dass die Proteste ein Erfolg waren. "Während der Kampagne zum Schutz des Chimki-Waldes haben wir erkannt, dass man diese Staatsmacht an die Wand drücken kann, wenn man mit vereinten Kräften gegen sie vorgeht", so die Umweltaktivistin.

Warnung vor neuem Gesetz

Wladimir Putin hält ein Jagdgewehr in der Hand (Foto: RIA Novosti)
Russisches Fernsehen zeigt Wladimir Putin bei der JagdBild: AP

Auch Michail Krendlin von Greenpeace Russland kritisiert, wie Vertreter der Staatsmacht mit der Umwelt umgehen. Als Beispiel nannte er die im russischen Fernsehen gezeigten Bilder, auf denen der heutige Premier Wladimir Putin in einem Nationalpark deutlich mit einem Gewehr inklusive Zielfernrohr zu sehen ist. "Wenn man sich mit Jagdwaffen in besonders geschützten Naturgebieten aufhält, dann gilt das bereits als Jagd, und Jagd in einem Naturschutzgebiet gilt als Verstoß gegen Artikel 258 des Strafgesetzbuches", unterstrich Krendlin.

Der Umweltschützer bedauert, dass schon bald ein neues Gesetz angenommen werden soll. Es werde im Grunde genommen die Grenzen von Naturschutzgebieten aufweichen und ermöglichen, auch in Naturschutzgebieten Baumaßnahmen durchzuführen und Infrastrukturprojekte zu entwickeln.

Wälder in Gefahr

Dass dies aber schon heute geschieht, dafür gibt es in Russland viele Beispiele. So hat das russische Umweltschutzministerium einen Teil der unter Naturschutz stehenden Wälder in der Republik Komi für den Goldabbau freigegeben. Ferner werden in jenen ausgedehnten Wäldern umfangreiche geologische Forschungen betrieben, weil dort weitere Bodenschätze vermutet werden.

Ferner ist beispielweise auch das Schicksal des Ukok-Plateaus im Altaigebirge noch unklar. Der russische Gasmonopolist Gasprom wollte auf dem kürzesten Weg direkt durch das Naturschutzgebiet eine Pipeline nach China verlegen. Nur weil China nicht bereit ist, Gas zu dem von Russland verlangten Preis abzunehmen, ist bislang noch keine Gasleitung im Altai gebaut worden. Proteste der Bevölkerung vor Ort hatten keine Wirkung gezeigt.

Erfolg am Baikalsee

Papierfabrik am Baikalsee (Foto: RIA Novosti)
Industrienlagen verschmutzen den BaikalseeBild: RIA Novosti

Der einzige große Erfolg, den die russischen Umweltschützer bisher für sich verbuchen können, ist die Änderung der Route einer Erdölpipeline, die den Planungen zufolge unmittelbar am Ufer des Baikalsees hätte verlaufen sollen. Nach Protesten von Umweltschützern wurde die Leitung nach China auf Anweisung des damaligen Präsidenten Wladimir Putin schließlich um 40 Kilometer nach Norden verlegt.

Der Baikalsee fasst ein Fünftel des weltweit vorhandenen Trinkwassers. Er ist die Heimat von vielen Tieren und Pflanzen, die nur dort leben, darunter der einzigen Süßwasser-Robben der Welt. 1996 wurde der See auf Initiative russischer Umweltschützer von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.

Autoren: Jegor Winogradow, Markian Ostaptschuk (mit dapd, ap)
Redaktion: Gero Rueter