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"Peinliche Enthüllungen für beide Seiten"

25. Januar 2011

Die von Al-Dschasira veröffentlichten Dokumente zu den Nahost-Friedensverhandlungen im Jahr 2008 sind sowohl für die palästinensische Autonomiebehörde als auch für Israel eine riesige Blamage, meint Bettina Marx.

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Symbolbild Kommentar
Bild: DW

Einer der am weitesten verbreiteten Sätze in Israel lautet: "Wir haben keinen Partner für den Frieden". Mit diesem Satz begründen israelische Politiker gegenüber offiziellen Gästen aus Europa und den USA den Stillstand in den Verhandlungen mit den Palästinensern. Und damit erklärt auch die israelische Öffentlichkeit ihr abnehmendes Interesse am Friedensprozess. "Wir haben keinen Partner für den Frieden" – das wurde in Israel zu einem regelrechten Mantra, das gebetsmühlenartig wiederholt wird. Nun zeigen die von Al-Dschasira und dem britischen Guardian veröffentlichten Dokumente, dass es genau umgekehrt ist: Die Palästinenser haben offenbar keinen Partner für den Frieden. Ihre Zugeständnisse wurden von den israelischen Unterhändlern als nicht ausreichend vom Tisch gewischt.

Nicht genug

Selbst die Regierung Olmert/Livni, im Ausland als eine gemäßigte Regierung gepriesen, wollte sich mit den Angeboten der Palästinenser nicht zufrieden geben. Dabei war die Bereitschaft der palästinensischen Verhandlungsdelegation, auf berechtigte Forderungen zu verzichten, so weitgehend, dass es schon an Selbstaufgabe grenzt. So waren sie bereit, auf den vollständigen Rückzug Israels auf die Linie von 1967 zu verzichten. Darüber hinaus boten sie an, in der Altstadt von Jerusalem zu einem Kompromiss zu kommen und die meisten der jüdischen Viertel in Ostjerusalem, die zum Teil auf enteignetem Privatland von Palästinensern errichtet wurden, hinzunehmen.

Doch die israelischen Verhandlungspartner sagten zu allem nein. Es war ihnen nicht genug. Sie wollten, dass die Palästinenser auch auf die Räumung der großen Siedlungsblocks im Westjordanland verzichten. Das aber würde bedeuten, dass es keinen zusammenhängenden lebensfähigen palästinensischen Staat geben wird. Die israelische Seite war nicht bereit, auch nur einen Millimeter von ihren Maximalforderungen abzurücken. Die von Al-Dschasira veröffentlichten Dokumente geben also all denen Recht, die die Friedensbereitschaft Israels in Frage stellen.

Erfüllungsgehilfe Israels

Doch nicht nur Israel ist durch die Veröffentlichung blamiert. Auch die palästinensische Führung steht in keinem guten Licht da. Denn sie hat vitale Interessen der eigenen Bevölkerung nicht vertreten. Heimlich, ohne die Öffentlichkeit zu informieren, hat sie berechtigte Ansprüche des palästinensischen Volkes wegverhandelt. Wieder einmal, wie seit Beginn des ganzen Oslo-Friedensprozesses, hat sie sich zum Kollaborateur und Erfüllungsgehilfen der Besatzungsmacht degradieren lassen. Dabei haben sich die führenden palästinensischen Unterhändler auf geradezu peinliche Art den israelischen Politikern angebiedert. Sie haben geduldet, dass Israel gnadenlos gegen die Bevölkerung im Gazastreifen vorgeht. Sie haben hingenommen, dass die Regierung in Jerusalem seit Jahrzehnten gegen internationales Recht verstößt.

"Es gehören zwei zum Tango", ist ein weiterer beliebter Satz israelischer Politiker, mit dem sie gerne auf die palästinensischen Verpflichtungen hinweisen. Das stimmt. Und im Nahen Osten haben sich zwei zum Tango gefunden: eine bornierte, überhebliche und unbewegliche israelische Okkupationsregierung und eine schwache und unterwürfige palästinensische Führung.

Kommentar: Bettina Marx

Redaktion: Stephanie Gebert