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The Tourist

16. Dezember 2010

Nach seinem fulminanten Debütfilm "Das Leben der anderen" bringt Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck nun mit "The Tourist" seinen ersten Hollywood-Film heraus und scheitert – ein bisschen.

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Angelina Jolie und Johnny Depp unterhalten sich in einer Szene auf einem Motorboot (Foto: Kinowelt)
Bild: Kinowelt

Als Florian Henckel von Donnersmarck 2006 seinen Debütfilm "Das Leben der anderen" vorlegte, gewann das Stasi-Drama alle Preise, die man irgendwie gewinnen konnte: Darunter vier Bayerische und sieben Deutsche Filmpreise. Außerdem wurde das Werk als Bester Ausländischer Film in Frankreich mit dem César, in Großbritannien mit dem BAFTA Award und nicht zu vergessen mit dem Oscar der American Film Academy ausgezeichnet. Damit öffneten sich für Florian Henckel von Donnersmarck gleich die Tore Hollywoods, und der heute 37-jährige Regisseur nahm dieses Angebot gern an.

Florian Henckel von Donnersmarck mit Johnny Depp in einer Szenenbesprechung (Foto: Kinowelt)
Regieanweisungen vor malerischer KulisseBild: Kinowelt

Johnny Depp war entscheidend

Der Filmemacher zog nach Los Angeles und ließ sich mit neuen Drehbüchern versorgen. Doch nichts faszinierte ihn wirklich. Parallel dazu schrieb er selbst ein Drehbuch, das er demnächst auch umsetzen will. Doch bis dahin wollte er nicht untätig rumsitzen. Die Vorlage zum Thriller "The Tourist" bot von Donnersmarck dann das, was ihn an Hollywood immer besonders gereizt hat: Glanz und Glamour, verbunden mit einem riesigen Produktionsbudget – rund 100 Millionen Dollar: "Ich will attraktive Menschen auf die glamouröseste Art an den schönsten Schauplätzen mit großer Leichtigkeit präsentieren". "The Tourist" ist übrigens ein Remake des französischen Films "Fluchtpunkt Nizza" von Jerome Salle aus dem Jahr 2005 mit Sophie Marceau. Ein mäßig erfolgreiches Werk. Allerdings konnte von Donnersmarck erst überzeugt werden, in den Regiestuhl zu steigen, als die Zusage von Johnny Depp kam. Zumal mit Johnny Depp und Angelina Jolie gleich zwei Ikonen Hollywoods vor der Kamera standen.

Langsamer Spielrhythmus

Florian Henckel von Donnersmarck mit Angelina Jolie und Johnny Depp in einer Szenenbesprechung (Foto: AP Photo/Sony Pictures)
Alles klar?Bild: AP/Sony Pictures

Und so beginnt der Film: Eine Frau mit weißem Hut und weißem Jackett schreitet ruhig durch Paris: Die edlen Designer-Sachen sitzen perfekt, der Schmuck glänzt zurückhaltend stilvoll. Eine Französin durch und durch – sollte man meinen. Aber der Schein trügt, denn es handelt sich um eine Amerikanerin: Elise Ward, gespielt von Angelina Jolie. Doch die Schöne wird verfolgt von einer Spezialeinheit der Polizei. Für Angelina Jolie eine ungewöhnliche Rolle. Bahnt sie sich doch sonst den Weg durch ihre Filme eher mit der Waffe. "Wer sie wirklich ist, ist ein Geheimnis, dass sich erst im Laufe des Films auflöst. Sie ist eine Frau, die in einer Welt des dezenten Luxus lebt. Ich habe oft in Filmen gespielt, die etwas kantiger daherkommen, Charaktere, die stark sind und etwas Modernes in sich tragen", beschreibt Angelina Jolie ihre Rolle. "Aber Florian forderte mich immer wieder auf: Spiel langsam, langsam! Komm runter! Denn mein natürlicher Spielrhythmus ist eigentlich schneller und härter."

Auf den Dächern von Venedig

Elise erhält von ihrem Geliebten Alexander Pearce einen Brief: "Nimm den Zug nach Venedig! Suche einen Fremden, der meine Größe und Statur hat, und lass alle glauben, dass dieser Fremde Pearce ist!" Im Zug begegnet Elise dem unauffälligen Amerikaner Frank, gespielt von Johnny Depp. Seinen Namen findet Elise unmöglich, doch seinen Charme - eine Mischung aus Zurückhaltung, Intelligenz und Naivität – durchaus reizvoll. Hier wird erstmals deutlich, dass sich Elise im Klaren darüber ist, dass sie beschattet wird. Frank erkennt zwar eine gewisse Gefahr, doch Elises Aura lässt ihn das verdrängen. Johnny Depp: "Frank ist ein gewöhnlicher Mann, der angezogen wird von diesem reizvollen, schönen, interessanten und kultivierten Wesen, und er erlebt den Ritt seines Lebens." Und dieser "Ritt" führt ihn nicht nur nach Venedig in Elises Hotelzimmer, sondern auch auf die Dächer der Stadt, wenn er, verfolgt von der russischen Mafia, um sein Leben rennt.

Erinnerungen an Hitchcock

Angelina Jolie und Johnny Depp (Foto: AP Photo/Sony Pictures, Peter Mountain)
Angelina Jolie und Johnny DeppBild: AP/Sony Pictures

Florian Henckel von Donnersmark hat einen Thriller inszeniert, der nicht zufällig an die Filme von Alfred Hitchcock (insbesondere "Über den Dächern von Nizza") erinnert. Die Dialoge sind ähnlich pointiert humorvoll und immer etwas zweideutig, die Bildkomposition klar und schön anzusehen.

Für den Regisseur gab es nämlich nicht nur Angelina Jolie und Johnny Depp als Hauptdarsteller: "Es gab die Schauspieler, dann die Kostüme, dann gab es Venedig. Und all diese Sachen mussten stimmen. Das Aussehen, die Ästhetik, die perfekte Form war für diesen Film einfach sehr wichtig." Und mit Venedig hat sich der Regisseur auch noch für einen spektakulären Ort entschieden.

Bekannte Muster, keine Überraschungen

Doch diese Äußerlichkeiten täuschen nicht darüber hinweg, dass diese Geschichte bekannt wirkt – nicht nur, weil es sich um ein Remake handelt. Alexander Pearce ist der große Unbekannte, der einem anderen Gangster viel Geld abgenommen hat. Folglich sind alle möglichen Leute hinter ihm her: Briten und Franzosen, Geheimdienst und Steuerbehörde, Gangster und nicht zu vergessen Elise. Die sich natürlich – wie immer - unvorhergesehen verliebt. Die Filmgeschichte ist gepflastert mit Werken nach diesem Muster, ein weiterer eigentlich überflüssig. Immerhin wird "The Tourist" wirkungsvoll vom Soundtrack aus der Feder von Oscar-Preisträger James Newton Howard getragen. Enttäuschend aber ist vor allem, dass Donnersmarck nicht einmal den Versuch macht, der Handlung etwas Aktualität oder Originalität zu verleihen, sich stattdessen allein auf den Glanz- und Glamoureffekt verlässt. "The Tourist" ist ein reiner Genrefilme, der unterhalten will, sonst nichts. Auch wenn es Angelina Jolie und Johnny Depp schaffen, die inhaltliche Leere zu überspielen.

Autor: Bernd Sobolla

Redaktion: Conny Paul