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Papst lockert Kondom-Verbot

24. November 2010

Der Papst hat im Kampf gegen Aids eine Wende vollzogen, indem er die Benutzung von Kondomen in "begründeten Einzelfällen" erlaubt. Details stehen im neuen Papst-Buch "Licht der Welt", das am Mittwoch erschienen ist.

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Bunte Kondome (Foto: Condomi)
Bild: Condomi

Papst Benedikt XVI. rückt vom absoluten Verbot von Kondomen ab - für viele Menschen in aller Welt eine sensationelle Nachricht. Im moralisch eher freizügigen Heimatland des Papstes nimmt Volkes Stimme sie eher gelassen zur Kenntnis. "Das wurde auch langsam Zeit." "Es sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass Kondome erlaubt werden – und zwar für alle." Oder: "Ich hätte nie gedacht, dass der erzkonservative Herr Ratzinger jemals von seiner Position auch nur ein bisschen abkommt. Vielleicht liegt es an seiner langen Lebenserfahrung."

Wichtig ist die Richtung des ersten Schritts

Ludwig Ring-Eifel (Foto: DW)
Ludwig Ring-EifelBild: DW-TV

Zu dieser Lebenserfahrung gehört natürlich auch sein Afrika-Besuch im März 2009. Damals hagelte es weltweit Kritik, weil Benedikt XVI. sagte, man könne das Aids-Problem nicht durch die Verteilung von Kondomen regeln. Jetzt also andere, neue Töne, die auf starken Widerhall treffen. Ludwig Ring-Eifel, Chefredakteur der katholischen Nachrichtenagentur KNA, sagt: "Es ist ganz sicher eine bemerkenswerte Öffnung. Wir wissen, die katholische Kirche denkt in Jahrhunderten, und wenn sie jetzt nach sagen wir mal 20 Jahren schon reagiert, seitdem es das Problem Aids gibt, ist das für die katholische Kirche schon eine bemerkenswert schnelle Wende."

Eine Wende, die von der überwiegenden Mehrheit engagierter katholischer Laien in Deutschland ebenfalls begrüßt wird. Hannelore Bartscherer ist Vorsitzende des Katholikenausschusses in Köln, also der Laienvertretung der Domstadt. Auch sie sieht in der Neupositionierung des Papstes ein hoffnungsvolles Zeichen. "Da gibt’s ja diesen wunderbaren Spruch: Das Wichtigste am ersten Schritt ist nicht die Weite, sondern die Richtung. Die Richtung stimmt und ich erwarte jetzt an dieser Stelle neue Überraschungen."

Nun auch verantwortungsvolle Familienplanung

Hannelore Bartscherer (Foto: DW)
Hannelore BartschererBild: DW

Allerdings wäre Hannelore Bartscherer eine komplette Neubewertung von Empfängnisverhütung und Familienplanung lieber. Ohnehin seien in diesen Fragen viele Katholiken ihrem Gewissen gefolgt und nicht den Anweisungen aus Rom. Männer wie Frauen hätten sich sehr differenziert und verantwortungsbewusst mit Empfängnisverhütung beschäftigt und schließlich auch mittels Kondom und Pille umgesetzt, um eine gute Familienplanung leben zu können. Womöglich werde sich die Haltung Roms auch in dieser Frage in absehbarer Zeit ändern, hofft die Laienvertreterin. Ein Anfang sei jedenfalls gemacht.

Kein verbaler Betriebsunfall

Vatikan-Kenner Ring-Eifel hält die päpstlichen Aussagen zum Positionswechsel in der Kondomnutzung keineswegs für einen verbalen Betriebsunfall, denn er ist der Ansicht, dass "die sehr bedacht platziert waren, auch ganz bewusst in dieser Form eines Interviews. Es ist ein vorsichtiges Vortasten auf Neuland. Das kann man nicht gleich in einer Enzyklika machen oder in einer Predigt im Petersdom, sondern man macht das erst mal in so einem Interview."

Mittlerweile haben zahlreiche Katholiken aller Couleurs etwa in Internet-Bloggs gefragt, ob sich nun die gesamte Sexualmoral ihrer Kirche ändere. KNA-Chefredakteur Ring-Eifel hat ausgemacht, dass vor allem "die ganz Konservativen entsetzt drüber sind, dass ausgerechnet dieser Papst jetzt eingeknickt sein soll." Und so warten jetzt alle gespannt auf das neue Buch Benedikts XVI.

Autor: Klaus Krämer

Redaktion: Klaus Gehrke