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Obama beim G20-Gipfel in der Defensive

12. November 2010

Der US-Präsident hat es derzeit nicht leicht. Zu Hause steht er ebenso unter Druck wie auf dem internationalen Parkett. Beim G20-Gipfel in Seoul wurde deutlich, dass die weltpolitische Macht der USA bröckelt.

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US-Präsident Barack Obama (Foto: AP)
Lachen geht anders. Weder im In- noch im Ausland läuft es derzeit rund für ObamaBild: AP

Aufgrund der heimischen Wirtschaftskrise und der vor kurzem verlorenen Kongresswahlen konnte Barack Obama nicht gerade vor Kraft strotzend beim G20-Gipfel in Seoul auftreten, der am Freitag (12.11.2010) zu Ende ging. Daran ändert auch seine Antwort auf die Frage, ob er denn international an Ansehen verloren habe, nichts. "Die Antwort ist nein", erwiderte der US-Präsident eindeutig und unmissverständlich. Fraglich ist nur, ob die anderen Teilnehmer des G20-Treffens das auch so sehen. Wirklich durchsetzungsstark konnte sich Barack Obama nämlich nicht präsentieren.

Der US-Präsident kam mit klaren Forderungen nach Seoul ...

Angela Merkel und Barack Obama stehen lachend vor den Flaggen Deutschland und der USA (Foto: AP)
Man kann auch ohne Grund lachen: Merkel und Obama nach "eisigen" GesprächenBild: AP

Barack Obama hatte einige Themen im Gepäck. Zu jedem vertrat er klare Standpunkte. Da wäre zum einen das Problem der Wechselkurse. Im Vorfeld des Gipfels hatte bereits der Begriff "Währungskrieg" die Runde gemacht. Die USA werfen China vor, die Landeswährung Yuan künstlich niedrig zu halten und sich so Vorteile im internationalen Handel zu verschaffen.

Die Vereinigten Staaten forderten ein Ende des Abwertungswettlaufes. Durch einen niedrigen Yuan werden chinesische Produkte im Ausland günstiger und daher häufiger gekauft. China kann mit einem niedrigen Yuan also seinen Export ankurbeln. Allerdings müssen sich die Amerikaner einen ähnlichen Vorwurf gefallen lassen. Länder wie China oder Brasilien werfen den USA vor, durch die Geldpolitik ihrer Notenbank bewusst den Dollar zu schwächen um damit ihre Exporte zu steigern.

Das zweite Thema, das Obama auf den Nägeln brannte, war das der weltweiten Handelsungleichgewichte. Der US-Präsident war mit der Forderung nach Obergrenzen für Exportüberschüsse nach Seoul gekommen. Exportnationen wie Deutschland und China profitieren von einem freien Handel. Für beide Länder sind die USA ein wichtiger Absatzmarkt. Umgekehrt importieren sie allerdings nicht so viele Güter aus den USA.

... und ging, ohne sie durchgesetzt zu haben

Fotomontage: links das Porträt von Barack Obama, rechts das von Hu Jintao (Foto: dpa)
Der mächtigste Mensch der Welt ist laut "Forbes" hier nicht links zu sehen, sondern rechtsBild: picture-alliance/dpa

Die G20-Länder einigten sich zwar darauf, einen Abwertungswettlauf zu vermeiden. Die Märkte sollen zunehmend die Wechselkurse bestimmen, nicht Notenbanken und Regierungen. Eine klare Regelung jedoch klingt anders. Bei den Handelsungleichgewichten einigte man sich auf einen "Rahmen" für ein ausgewogeneres Wachstum, ohne Details zu verabschieden. Der Internationale Währungsfonds (IWF) soll den Wirtschaftskurs der G20-Länder überprüfen und früh auf Konfliktpunkte hinweisen. Die von den USA geforderte Obergrenze für Exportüberschüsse wurde nicht beschlossen.

Zudem konnten sich die USA und Südkorea nicht auf ein Freihandelsabkommen einigen. Die USA werfen Südkorea vor, ihren Automarkt abzuschotten. In allen drei Punkten konnten die USA sich also nicht durchsetzen.

USA nicht mehr die Nummer eins in der Welt?

Dass Barack Obama nicht mehr der mächtigste Mensch der Welt ist, muss ihn gewurmt haben. In der kürzlich von dem US-Magazin "Forbes" veröffentlichten Liste der mächtigsten Menschen der Welt stand er nur noch auf Platz zwei. Der laut dem Ranking mächtigste Mann der Welt ist der chinesische Präsident Hu Jintao. Die Liste war nur eine Woche vor dem G20-Gipfel veröffentlicht worden. Kein gutes Omen. Barack Obama nur noch auf Platz zwei - und die USA?

Ausschnitt aus dem Abschlussfoto des G20-Gipfels (Foto: AP)
Na, wo ist er denn? Auf dem offiziellen Foto des G20-Gipfels in Seoul findet man Barack Obama nicht in der MitteBild: AP

Infolge des Wirtschaftsaufschwungs "made in Germany" hat indessen Angela Merkel 20 Jahre nach der Wiedervereinigung gut lachen. Sie demonstrierte im Konflikt mit Barack Obama neues Selbstvertrauen. Und auch China tritt zunehmend selbstbewusster auf. So spiegelte das ungleiche Duell der Exportweltmeister und "Krisengewinner" Deutschland und China gegen die wirtschaftlich mitgenommenen USA und ihren angeschlagenen Präsidenten eine mögliche künftige Weltordnung wider, in der die USA nicht mehr die Nummer eins sind. Die "New York Times" schrieb, dass sich Obama "mehrmals in der Defensive" wiedergefunden habe.

Abschlussfoto des G20-Gipfels in Seoul (Foto: AP)
Nur noch eine Randfigur? Man muss schon weiter weggehen und genauer hinsehen, um Barack Obama am rechten Rand des Fotos zu erkennenBild: AP

Obama hat auf dem Gipfel bereits von "unvermeidlichen Differenzen" gesprochen, sagte aber auch, dass ihn der "Aufstieg Chinas" freue. Und er äußerte sich sogar zufrieden mit den Ergebnissen des G20-Gipfels in Seoul und versuchte, die Differenzen mit Deutschland und China über Handels- und Währungsfragen herunterzuspielen. Angela Merkel und Hu Jintao nannte er zudem "wirkliche Freunde". Vielleicht ist das das deutlichste Anzeichen für eine neue Weltordnung.

Autor: Marco Müller (dpa, rtr, afp)
Redaktion: Oliver Pieper

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