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Filme aus Nahost

17. November 2010

Auf Filmfestivals sind sie öfter zu sehen - Filme aus dem Nahen Osten. In Berlin konnte man sich in den letzten Tagen beim Alfilm-Festival sattsehen. Doch die wenigsten schaffen es dann in die deutschen Kinos. Warum?

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Symbolbild Flagge Palästina, Israel und Filmrolle (Foto: DW)
Viele israelische Produktionen schaffen es in die deutschen KinosBild: AP Graphic / DW-Fotomontage

Das Kino Babylon in Berlin Mitte ist fast ausverkauft. Auf der Leinwand ist ein ungewöhnlicher Film zu sehen. "The time that remains" ("Die Zeit, die übrig bleibt") von Elia Suleiman, einem palästinensischen Regisseur. Es ist ein Film über das Schicksal der Palästinenser in Israel. Er ist traurig und lustig zugleich und das Publikum wird im Lauf des Filmes immer heiterer, das Lachen bei diesem sonst eher düsteren Thema wird immer ausgelassener. "The time that remains" war der perfekte Eröffnungsfilm von Alfilm, dem arabischen Filmfestival in Berlin, denn er präsentierte ein ernsthaftes Thema auf unterhaltsame Art und sprach damit offenbar das Berliner Publikum an.

Über 30 Filme aus der arabischen Welt

Podiumsdiskussion beim Alfilm-Festival in Berlin , von Links: Mokhtar Schehata, M. Mhmood, Ahmed El-Maanouni (Foto: Ghanem)
Ahmed El-Maanouni (rechts) war bei vielen Podiums-Diskussionen in Berlin dabeiBild: DW

Zum zweiten Mal wurden innerhalb von acht Tagen mehr als 30 Filme aus der arabischen Welt gezeigt, von Marokko bis zum Irak. Es waren Spielfilme, Dokumentationen und Kurzfilme, neue und alte, Experimentelles und Klassiker. Einer der Schwerpunkte des Festivals war das Thema Migration. Es steht auch im Mittelpunkt des marokkanischen Films "Burned Hearts" ("Brennende Herzen"). In diesem Film aber geht die Reise von Europa nach Marokko und nicht in die andere Richtung. "In meiner Geschichte kommt der Protagonist zurück nach Marokko, wo er sich wieder zurechtfinden und sein Leben neu aufbauen muss", erklärt Regisseur Ahmed El-Maanouni. "Als er aufgefordert wird, Marokko wieder zu verlassen, nach Europa zurückzukehren sagt er: nein, mein Platz ist hier."

El-Maanounis Schlussfolgerung: Migranten sollten in der eigenen Kultur verwurzelt sein und bleiben. Nur dann könnten sie offen sein für andere Kulturen und sich in der neuen Heimat integrieren. Der 1944 in Casablanca geborene El-Maanouni ist der vielleicht bedeutendste Regisseur Marokkos. Er hat zahlreiche preisgekrönte Filme gedreht, darunter den 1978 in Cannes vorgestellten "Alyam alyam". Doch seine Filme kann man in Deutschland nur noch selten sehen.

"Mir tut das leid, denn in den 70ern oder zu Beginn der 80er Jahre wurden unsere Filme in Europa gezeigt und gesehen", sagt er. Sein erster Film habe 1978 den großen Preis des "Mannheim Film Festivals" erhalten und sei danach sofort im ZDF ausgestrahlt worden. Aber das scheine inzwischen schon Jahrhunderte her zu sein. Heute sei es schwer, arabische Filme auf dem deutschen und europäischen Markt zu platzieren. Die Kinobetreiber seien der Meinung, dass sich das Publikum nicht dafür interessiere.

Kein Interesse am arabischen Film?

Daniela Swarowsky, Viola Shafik, Irit Neidhardt, Mokhtar Shehata, Ahmed El-Maanouni (von links nach rechts) beim Alfilm Festival in Berlin 2010 (Foto: Alfilm)
Irit Neidhardt (Mitte) vom Mec-FilmverleihBild: Alfilm

Irit Neidhardt kennt das Problem. Sie hat vor acht Jahren den Filmverleih Mec-Film (Middle Eastern Cinema) ins Leben gerufen. Er widmet sich speziell Filmen aus dem Nahen Osten und versucht, diese auf den deutschen Markt und in die Kinos zu bringen. Doch das ist nicht leicht, sagt Neidhardt. "Pro Jahr starten 500 Filme, das sind bis zu 20 Filme die Woche. In den Zeitungen gibt es Platz für drei bis vier Filmbesprechungen am Donnerstag. Da hat jeder Film es schwer."

Wenn ein Kinobetreiber sich vor diesem Hintergrund dazu entscheide, hin und wieder einen arabischen Film zu zeigen, wäre das schon mutig. Andererseits sei es eine Schande, dass das Interesse am arabischen Film nicht größer sei angesichts dessen, dass die Themen Immigration, Islam und Terrorismus fast schon hysterisch debattiert würden. Dabei ist nicht alles, was in Deutschland als arabischer Film bezeichnet wird, wirklich eine arabische Produktion. Die meisten Filme werden zumindest zum Teil von europäischen Förderern finanziert und koproduziert. Das habe auch Auswirkungen auf die Drehbücher. Viele interessante arabische Sujets würden von vornherein aussortiert und fänden niemals den Weg vom Drehbuch auf die Leinwand. Überraschend sei außerdem, dass viele Filme, die sich vorgeblich arabischen Themen widmeten, israelische Produktionen seien, so Neidhardt. "Die syrische Braut", "Lebanon" oder "Waltz with Bashir" – das alles seien erfolgreiche israelische Produktionen, die sich zum Teil aber nur vordergründig mit arabischen Themen befassen. Sie sprechen aber offenbar ein breiteres Publikum an als viele arabische Produktionen.

Auch in seiner Heimat hat der arabische Kinofilm es schwer. In Syrien zum Beispiel gibt es nur noch 22 Kinos für eine Bevölkerung von 24 Millionen Menschen. Vor dreißig Jahren noch lebten in Syrien nur 4 Millionen Menschen. Doch damals gab es noch 199 Kinos.

Autorin: Bettina Marx
Redaktion: Diana Hodali