1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Westerwelle: "Wir vergessen Gaza nicht!"

8. November 2010

Mit Guido Westerwelle ist zum ersten Mal seit 2006 ein deutscher Minister nach Gaza gereist. Dort setzte sich der Außenminister für eine Verbesserung der humanitären Lage ein. Gespräche mit der Hamas lehnte er jedoch ab.

https://p.dw.com/p/Q1NM
Guido Westerwelle in der Al-Shatea-Schule in Gaza (Foto:ap)
Guido Westerwelle in der Al-Shatea-Schule in GazaBild: picture alliance/dpa

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle ist am Montag (08.11.2010) zu einem Kurzbesuch in den Gazastreifen gereist. Es war die vierte Nahostreise des Ministers seit seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr, gleichzeitig aber die erste Visite eines deutschen Regierungsmitgliedes in Gaza seit Ende 2006. Im Juni dieses Jahres hatte Entwicklungsminister Dirk Niebel den Gazastreifen besuchen wollen, doch ihm war die Einreise von den israelischen Behörden noch verweigert worden.

Westerwelle hingegen durfte hinein. Dabei besuchte er zunächst eine Schule des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) in Gaza-Stadt. Dort hat er auch an einer Menschenrechtsstunde für Grundschüler teilgenommen. Dabei diskutierte Westerwelle unter anderem mit den Schülerinnen einer palästinensischen Mädchenklasse über die Bedeutung von Bildung und Recht für die Zivilgesellschaft. "Alles Gute wünsche ich Euch, bleibt fleißig!", sagte der Außenminister, der von UNRWA-Chef Filippo Grandi begleitet wurde, den Schülerinnen zum Abschluss. Es sei "eine Freude, in so junge und hübsche Gesichter zu schauen, und in so fröhliche", zeigte der sich begeistert.

Wirtschaftliche und humanitäre Situation im Blickpunkt

Wassermangel in Gaza (Foto:ap)
Der mangelnde Zugang zu sauberem Trinkwasser ist in Gaza ein großes ProblemBild: AP

Doch der deutsche Außenminister war nicht nur zum Schulbesuch in Gaza, er traf sich auch mit palästinensischen Wirtschaftsvertretern, um mit ihnen über die schwierige ökonomische Situation im Landstrich zu diskutieren. Zum Abschluss seines Kurzbesuchs besichtigte Westerwelle dann noch ein Klärwerk, dessen Ausbau zu einem wesentlichen Teil mit Entwicklungshilfegeldern der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) finanziert wird.

Bei seinem Besuch wiederholte Westerwelle seine Kritik an der israelischen Blockade des Gazastreifens. Diese Blockade stärke die Radikalen und schwäche die Moderaten, sagte der Außenminister. Nötig sei aber genau das Gegenteil. Daher seien die deutsche Bundesregierung wie auch die Europäische Union dafür, Im- und Exporte von und nach Gaza wieder zuzulassen: "Gaza darf von uns und wird von uns nicht vergessen werden", versprach Westerwelle. Zugleich bekräftigte der Außenminister, dass Deutschland weiter beim Aufbau von Infrastruktur, in der Bildung sowie bei der Wasser-, Elektrizitäts- und Gesundheitsversorgung helfen werde. Israel hatte nach der Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen 2006 eine Blockade gegen das Küstengebiet und seine rund 1,5 Millionen Einwohner verhängt. Seitdem lässt Israel nur streng kontrollierte und rationierte Hilfsgüter in das Gebiet.

Außenminister Westerwelle stellte jedoch auch Forderungen an die Hamas: Sie müsse den vor rund vier Jahren verschleppten israelischen Soldaten Gilad Schalit freilassen. "Wir tun was wir können, um in dieser Frage hilfreich zu sein", sagte Westerwelle. Unter anderem agiert auch der Bundesnachrichtendienst (BND) als Vermittler im Fall Gilad Schalit. Genauere Angaben zum Einsatz der deutschen Behörden machte der deutsche Außenminister jedoch nicht.

Keine Gespräche mit der Hamas

Foto des in gaza entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit (Foto:ap)
Von ihm fehlt noch immer jede Spur: der israelische Soldat Gilad SchalitBild: AP

Die Forderung, Schalit freizulassen, hatte der deutsche Außenminister der Hamas aber nicht direkt gesagt. Denn zu einem Treffen mit Hamas-Vertretern ist es während seines Kurzbesuches nicht gekommen. Gespräche mit der radikal-islamischen Palästinenserorganisation hatte der Außenminister bereits vor seiner Reise abgelehnt. Wie Israel und die USA verweigert auch die Europäische Union Treffen mit der Hamas, solange diese das Existenzrecht Israels nicht anerkennt und auf die Anwendung von Gewalt verzichtet. Die Hamas-Führung reagierte darauf äußerst pikiert. Es sei "beleidigend", dass internationale Gesandte sich nicht mit der Hamas-Führung in Gaza treffen wollten, sagte deren Sprecher Kamal Schrafi. Schließlich sei die Hamas rechtmäßig vom palästinensischen Volk gewählt worden. Hamas sei nur Israel gegenüber feindlich gesinnt. "Wir begrüßen den Besuch jedes ausländischen Repräsentanten, vor allem des deutschen Außenministers im Gazastreifen." Es sei wichtig, dass ausländische Diplomaten und Besucher das Leid der Menschen in dem Küstenstreifen mit eigenen Augen sehen. Immerhin, so meinte Schrafi weiter, sei Westerwelles Besuch zumindest ein Anzeichen dafür, dass die politische und wirtschaftliche Blockade des Gebiets bald enden werde.

Autor: Thomas Latschan (afp, dpa, rtr)
Redaktion: Diana Hodali