1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Schweden Rechtspopulisten (Online)

5. November 2010

Im schwedischen Reichstag gibt es jetzt auch Rechtspopulisten. Sie fordern mehr Geld für Volkstanzgruppen und weniger Unterstützung von Kunst, die sie als provozierend empfinden.

https://p.dw.com/p/PzZv
Rechtsradikaler Parteiführer Jimmie Akesson (Foto: AP/Fredrik Persson)
Rechtsradikaler Parteiführer Jimmie AkessonBild: AP

Im Freilichtmuseum Skansen in Stockholm ist man um die Wahrung und Pflege schwedischer Traditionen bemüht. Wie das Leben auf dem Land früher aussah, kann man nicht nur an alten Gehöften auf dem Ausstellungsgelände nachvollziehen, auch Spielmannszug und Tanzgruppen treten hier regelmäßig auf. Gerade zieht eine Gruppe von jungen Schweden in bunten Trachten auf eine Wiese. Die Mädchen tragen bunt bestickte Kappen, die Jungen stecken in Kniebundhosen und Wollstrümpfen. Ein Idyll, das Einheimischen und Touristen das schwedische Volksgut nahebringt. Für die Schwedendemokraten ist es ein wichtiger Bestandteil schwedischer Kultur, sagt Mattias Karlsson, kulturpolitischer Sprecher der Partei: "Uns ist es wichtig, die gemeinsame Identität zu stärken. Unsere Gesellschaft ist immer stärker gespalten, deshalb wollen wir das Kulturerbe fördern und einen Kulturkanon wie in Dänemark einführen."

Kultur ist Kerngeschäft der Schwedendemokraten

Demonstration gegen Schwedendemokraten (Foto: AP / Fredrik Persson)
Demonstration gegen SchwedendemokratenBild: AP

Dass die Kultur eine wichtige Rolle im Selbstverständnis der Partei spielt, verwundert nicht. Das zentrale Thema der Schwedendemokraten ist die Einwanderungspolitik. Ihre Forderung nach weniger Zuzug von außen geht mit der kulturpolitischen Maxime einher, fremde Kultur in Schweden in den Hintergrund zu drängen. Gefördert werden soll, was ihrem nationalromantischen Ideal von Schweden entspricht. Doch das ist nur schwerlich zu identifizieren, sagt der Journalist Daniel Poohl, der ein Buch über die Partei geschrieben hat: "Ein Anhänger sagte mir mal, es sei schwer, das Schwedentum zu beschreiben. Es sei so ein Gefühl, genauso gut könnte man einen Sozialdemokraten fragen, was die Arbeiterklasse ist. Das ist eine schlampige Argumentation."


Einfluss nur in Pattsituationen

Marten Castenfors Leiter Liljevalchs Kunsthalle (Copyright: Liljevalchs Kunsthalle)
Marten Castenfors Leiter Liljevalchs KunsthalleBild: Liljevalchs Kunsthalle

Wie viel Einfluss die Schwedendemokraten tatsächlich geltend machen können, ist fraglich. Im Reichstag stellen sie gerade einmal 20 von über 300 Abgeordneten. Da Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt jedoch einer Minderheitsregierung vorsteht, könnten die Schwedendemokraten durchaus als Zünglein an der Waage auftreten. Man muss man sie ernst nehmen, meint Mårten Castenfors. Er ist Leiter der staatlichen Kunsthalle für Gegenwartskunst Liljevalchs und zudem oberster Entscheider, wenn es um neue Kunstwerke im öffentlichen Raum in Stockholm geht: "Sie können nicht beeinflussen, was hier in der Kunsthalle an die Wände kommt. Das ist mein Etat und meine Auswahl. Anders ist es bei der Auswahl von Kunst im öffentlichen Raum. Da gibt es immer Politiker, die Einfluss nehmen wollen. Wenn sie nicht für die Avantgardekunst sind, wird sich das auch in den Haushaltsverhandlungen spiegeln."

Ausgrenzen oder argumentativ aushebeln?


Liljevalchs Kunsthalle macht jedes Jahr im Frühling Schlagzeilen mit seinem Frühjahrssalon, der junge unbekannte Künstler mit oft skurrilen Werken einer breiten Öffentlichkeit vorstellt. Die Aufgabe von Kunst ist es, Gefühle zu wecken und den Betrachter herauszufordern, sagt Mårten Castenfors. Davon werde er auch nicht abrücken. Wie sein Haus die geänderten politischen Verhältnisse in Schweden spiegeln kann, darüber denkt der Kunsthallenchef derzeit nach: "Ich würde mir wünschen, dass man die Schwedendemokraten isolieren kann. Doch das kann auch nach hinten losgehen. Wenn wir die Partei isolieren, bekommt sie möglicherweise um so mehr Anhänger."

Autor: Agnes Bührig
Redaktion: Irene Quaile / Gero Rueter