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G20 schaffen Durchbruch bei IWF-Reform

23. Oktober 2010

Der Gordische Knoten ist durchschlagen: Die Finanzminister der G20-Länder haben sich auf eine Reform des Internationalen Währungsfonds (IWF) geeinigt. IWF-Chef Strauss-Kahn spricht in Südkorea von einem "Traumergebnis".

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Die G20-Finanzminister und -Notenbankchefs beim Treffen in Südkorea (Foto: AP)
Sie konnten sich doch einigen: die G20-Finanzminister und -NotenbankchefsBild: AP

Viele Experten hatten eine so schnelle Einigung beim Dauerstreit um eine Neuordnung des Internationalen Währungsfonds (IWF) gar nicht erwartet. Doch nun hat die Gruppe der 20 einflussreichsten Industrie- und Schwellenländer (G20) einen überraschenden Durchbruch erreicht. Beim Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs im südkoreanischen Kyongju vereinbarten sie am Samstag (23.10.2010), den dynamischen Schwellenländern und damit vor allem China mehr Gewicht zu geben.

IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn (Foto: AP)
Er konnte den Durchbruch verkünden: IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn (Mitte)Bild: AP

Insgesamt sollen die Stimmengewichte im Fonds um gut sechs Prozentpunkte in Richtung der Schwellenländer verschoben werden. Das geht vor allem zu Lasten der bisher überrepräsentierten "alten" Industrieländer aus Europa, darunter auch Deutschland. China wird damit Deutschland als Nummer drei unter den IWF-Anteilseignern ablösen. IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn lobte die Vereinbarung in höchsten Tönen als "bislang größte Reform" in der Geschichte des IWF. Nach dem langen Gezerre um umfassende Änderungen beim Fonds hätten viele eine Einigung zuletzt für schier unmöglich gehalten, sagte er.

Europäer verzichten auf zwei Sitze

Die Einigung steht unter dem Vorbehalt, dass der IWF-Aufsichtsrat sie auf der nächsten Sitzung Anfang November billigen muss. Vorgesehen ist neben der Stärkung der Schwellenländer, die Befugnisse des IWF zur Überwachung der Wirtschaftspolitik der Staaten zu erweitern. Die Reform soll 2011 in Kraft treten.

Strauss-Kahn bestätigte, dass die Europäer auf zwei Sitze im IWF-Direktorium verzichten wollen. Dazu hatten sie sich bereits Anfang Oktober bereiterklärt. Dem Gremium sollen demnach zudem künftig zehn Länder angehören: Neben den USA und Japan sowie den vier europäischen Staaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien ist dies die Gruppe der aufstrebenden "BRIC"-Staaten, also Brasilien, Russland, Indien und China.

USA behalten Veto-Recht

Einen Teilerfolg erzielten die Europäer im Streit mit den USA über die Größe des wichtigen IWF-Direktoriums. Zwar müssen die Europäer sich künftig statt mit bisher neun nur noch mit sieben Sitzen zufrieden geben. Deutschland wird dabei aber seinen Sitz ebenso behalten, wie Großbritannien und Frankreich. Die Zahl der Direktoriumsmitglieder bleibt jedoch bei 24 und wird nicht, wie von den USA gefordert, auf 20 reduziert.

Die USA behalten andererseits bei wichtigen Entscheidungen des Fonds ihr faktisches Veto-Recht. Für solche Entscheidungen wird weiterhin eine Mehrheit von 85 Prozent der Stimmen gefordert. Da die USA in Zukunft 17,67 Prozent halten werden, können sie solche Entscheidungen also blockieren.

Gutes Zeichen für G20-Gipfel

Der Gastgeber - Südkoreas Präsident Lee Myung Bak (Foto: AP)
Als Gastgeber machte er erfolgreich Druck: Südkoreas Präsident Lee Myung BakBild: AP

Der südkoreanische Präsident und Gastgeber Lee Myung Bak hatte eine Reform des IWF als notwendig bezeichnet, um den Treffen der Gruppe mehr Legitimität zu verleihen. Das Land hat derzeit die IWF-Präsidentschaft inne. Die Finanzminister waren am Freitag zu dem zweitägigen Treffen zusammengekommen, um den G20-Gipfel am 11. und 12. November in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul vorzubereiten. Für Deutschland nahm Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) an den Gesprächen teil, er vertrat den erkrankten Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Der Internationale Währungsfonds (IWF) wurde 1944 mit der Weltbank Sonderorganisation der Vereinten Nationen in Bretton Woods (USA) gegründet. 187 Staaten sind Mitglieder. Der IWF überwacht weltweit die Finanzsysteme, um bei Zahlungsproblemen von Regierungen oder bei einem drohenden Staatsbankrott einzugreifen.

Premiere als Ersatzmann: Wirtschaftsminister Brüderle vertritt in Südkorea den erkrankten Finanzminister Schäuble (Foto: dpa)
Premiere als Ersatzmann: Wirtschaftsminister Brüderle vertritt in Südkorea den erkrankten Finanzminister SchäubleBild: picture alliance/dpa

Kurzfristige Kredite an Mitgliedsländer sind meist an Auflagen wie die Sanierung der Staatsfinanzen geknüpft. Kredite finanziert der IWF aus den Kapitaleinlagen der Mitgliedsländer. Diese und die Stimmrechte bemessen sich an der Finanzkraft der Staaten.

Daher haben die Industrieländer in den IWF-Gremien die Mehrheit. Die USA haben bisher beim IWF einen Anteil von rund 17 Prozent, Japan 6,5 Prozent, Deutschland kommt auf 6,1 Prozent, sowie Frankreich und Großbritannien je 4,5 Prozent.

Autor: Reinhard Kleber (afp, rtr, dpa)
Redaktion: Siegfried Scheithauer