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Die Angst vor einem Währungskrieg

16. Oktober 2010

Eine Art Wettlauf hat eingesetzt: Viele große Länder versuchen, die Devisenmärkte zu beeinflussen. Sie wollen eine schwache Währung, weil ihre Waren dann im Export billiger werden. Wie funktioniert das?

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Verschiedene Währungen liegen auf einem Tisch. (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Methoden sind vielfältig: China wertet nicht ab, sondern lässt seine Währung gar nicht erst stark werden. Das ist politisch so gewollt. Der Wechselkurs der chinesischen Währung, vor allem gegenüber dem US-Dollar, ist Sache der Regierung. "Die Chinesen haben einen festen Wechselkurs gegenüber den US-Amerikanern, der dadurch auch sehr wenig schwankt", erläutert Holger Bahr, Volkswirt bei der Deka Bank.

Es gebe zwar eine leichte Aufwertung, die monatlich festgestellt wird. Aber letztlich sei es eine Regierungsentscheidung, genauer gesagt die des chinesischen Finanzministeriums, was dann über die Notenbank umgesetzt werde. "Das heißt konkret", so Bahr, "über den Kauf beziehungsweise den Verkauf von amerikanischen Staatsanleihen kann die chinesische Seite die Währungsrelation zwischen der chinesischen und der amerikanischen Währung genau da halten, wo sie sie gemäß dieses festen Wechselkurses auch halten möchte."

Mann vor übergroßem Yuan-Geldschein
Die chinesche Währung gilt allgemein als unterbewertetBild: AP

Wechselkurse und Geldpolitik

Peking hält seine Währung auf diese Art ungefähr 20 bis 30 Prozent unter dem Niveau, das sich bei einer marktwirtschaftlichen Bewertung des Yuan ergeben würde. Diese Wechselkurspolitik befördert den chinesischen Export. Die Waren aus China seien so billig, dass amerikanische Produzenten nicht mithalten können, klagen die Amerikaner. Und antworten ebenfalls mit einer Politik des schwachen Geldes, mit einer Abwertung des Dollar.

Ihre Methode ist nicht die Wechselkurs-, sondern die Geldpolitik. Die soll zwar vornehmlich Banken stützen, Kredite billig halten und damit die Wirtschaft ankurbeln. Doch wo die Haushaltsdefizite steigen und die Notenbank immer wieder frisches Geld druckt, wird auch die Währung schwächer. Das hat Folgen, weiß BHF-Bank Volkswirt Stefan Rieke: "Die recht aggressive Geldpolitik der USA, die ja darauf zielt, vor allem die Beschäftigung und das Wachstum in den USA anzuregen, hat über die Wechselkurse natürlich Nebenwirkungen bei den Nachbarn und den Handelspartnern." Die Geldpolitik trage dazu bei, dass die anderen Währungen sehr fest würden und das könne zu Problemen führen.

Das Problem ist, dass die vielen Dollar, die die amerikanische Notenbank ins System pumpt, irgendwo angelegt werden wollen. Dollarinvestoren haben sich etwa nach Brasilien gewandt, um dort Geld anzulegen. Dazu mussten sie Dollar in brasilianische Real tauschen, also Real kaufen. Das ließ den Real-Kurs steigen. Brasiliens Regierung versuchte das zu verhindern. Sie belegte Investitionen aus dem Ausland mit Steuern – auch das ist eine Methode, den Kurs einer Währung zu drücken.

Intervention am Devisenmarkt

Der Klassiker ist das Mittel der Intervention am Devisenmarkt. Das heißt: Eine Notenbank verkauft die eigene Währung, um deren Kurs zu senken. Die Schweiz und Japan haben das getan, haben Schweizer Franken und japanische Yen verkauft. Beide Währungen hatten zugelegt, so stark, dass die jeweiligen Regierung und Notenbanken um die Exportleistung fürchteten.

Mann hinter großem rundem Werkstück aus Stahl (Foto: dw)
Deutscher Maschinenbau hat weltweit einen hervorragenden Ruf

Deutschland steht noch einigermaßen gut da, hat selbst mit deutlich erhöhten Eurokursen gut leben können. Das liege daran, dass deutsche Produkte so spezialisiert und von solcher Qualität seien, dass Kunden eben nur diese wollten, meint Thomas Meissner von der DZ Bank: "Deutschland hat durch seine hochwertigen Exportgüter – vor allem Maschinen und Anlagen – eine etwas bequemere Situation, weil die Nachfrage nach diesen Maschinen relativ preisstabil ist und deswegen auch nicht so heftig reagiert, wenn der Euro aufwertet." Selbst bei einem Wechselkurs von 1,60 Dollar je Euro, wie beim Höchststand im April 2008, habe die EZB nicht in den Devisenmarkt eingegriffen.

Protektionismus als Horrorszenario

Gelassenheit in der Wechselkurspolitik setzt also ein relativ hohes Maß an wirtschaftlicher Leistungskraft voraus. Wo die fehlt, kommen den Regierungen andere Maßnahmen in den Sinn. Amerika hat etwa den Chinesen gedroht, wenn sie den Yuan nicht steigen ließen, würden Waren aus China in Amerika mit Schutzzöllen belegt – für Volkswirte eine schreckliche Vorstellung: "Das wäre in der Tat eine weitere Eskalationsstufe, und, wie ich finde, eine sehr verheerende", meint Holger Bahr von der Deka-Bank. Wer den freien Handel und damit die Globalisierung in Frage stelle, der könne dem Welthandel nachhaltig schaden. Bahr ist sich sicher: " Das wäre für die Weltwirtschaft nicht wirklich verkraftbar."

Autor: Michael Braun

Redaktion: Klaus Ulrich