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Paris und Brüssel legen Roma-Streit bei

15. Oktober 2010

Frankreich zeigt sich im Streit um die Roma-Ausweisungen einsichtig und will die nationale Gesetzgebung an EU-Recht anpassen. EU-Bürger und somit auch viele Roma dürfen demnach nicht einfach so ausgewiesen werden.

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Demonstration gegen Roma-Ausweisung in Frankreich (Foto: AP)
Viele Franzosen sind gegen die Ausweisung der RomaBild: AP

Auf den letzten Drücker hat Frankreich nachgegeben: Das französische Außenministerium hat am Freitag (15.10.2010) offiziell mitgeteilt, dass "die französische Regierung bereit ist, ihre Gesetzestexte zu ergänzen" - kurz bevor das Ultimatum, das die EU-Kommission Frankreich Ende September gesetzt hatte, ausgelaufen war. Ein entsprechendes Schreiben soll der EU-Kommission am Freitag überstellt worden sein.

Bereits am Mittwoch hatte der französische Einwanderungsminister Eric Besson gegenüber dem französischen Parlamentssender "Public Sénat" verkündet, man wolle die Gesetzgebung anpassen, um "europäischem Recht zu genügen". In Kürze werde man eine entsprechende Entscheidung treffen. Schon im Dezember oder im Januar könnten die Änderungen dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt werden.

Eindeutiges, zweideutiges EU-Recht

Eric Besson (Foto: AP)
Einsichtig: Eric BessonBild: AP

Freude über die Entscheidung gab es in Brüssel bei der EU-Kommission. Als "eine gute Nachricht" bezeichnete sie EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier und auch seitens der EU-Justizkommissarin, Viviane Reding, kamen Lob und Erleichterung. Sie war eine der ersten, die ein Verfahren gegen Paris einleiten wollte, wenn die Franzosen ihre Gesetze nicht an das EU-Recht anpassen würden. Im Kern ging es darum, dass die zahlreichen Ausweisungen von Roma aus Frankreich nicht vereinbar seien mit der EU-Freizügigkeitsrichtlinie. Diese garantiere jedem EU-Bürger, also auch den Roma, dass vor der Ausweisung alle persönlichen Umstände genau geprüft werden - beispielsweise Alter und Länge des Aufenthalts in dem jeweiligen Gastland. Seit Anfang des Jahres hatte Frankreich mehr als 8000 Bulgaren und Rumänen ohne Bleiberecht ausgewiesen.

Die französische Regierung hatte den Rücktransport der Roma immer mit einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2004 gerechtfertigt. Sie sieht vor, dass Unionsbürger nur dann das Recht haben, länger als drei Monate in einem anderen EU-Land zu bleiben, wenn sie eine Arbeit nachweisen oder über ausreichend Geld für sich und ihre Familie verfügen. Zudem müssen alle Betroffenen ausreichend krankenversichert sein. Viele Roma in Frankreich haben in illegal errichteten Lagern gewohnt.

Ist Frankreich aus dem Schneider?

Viviane Reding (Foto: European Union 2010)
Wacht über das EU-Recht: Viviane RedingBild: European Union, 2010

Mit der Entscheidung will Frankreich der Bitte der EU-Kommission nachkommen, mehr Transparenz und juristische Sicherheit zu schaffen. Man sei überzeugt, dass diese Antwort die EU-Kommission überzeugen werde, dass Frankreich im Sinne der EU handle, hieß es aus dem Außenministerium.

Das offizielle französische Schreiben wird die Kommission nun prüfen. Erst dann wird sie entscheiden, ob das angekündigte Verfahren gegen Frankreich wegen der Verletzung der EU-Verträge ausgesetzt wird. Hätte Frankreich die Frist am 15. Oktober verstreichen lassen, wäre Ende Oktober mit der üblichen monatlichen Aussendung von Vertragsverletzungsverfahren auch ein Brief nach Paris gegangen. Wäre die französische Regierung den Forderungen erneut nicht nachgekommen, wäre die Sache an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegangen. Eine eventuelle Strafe im Millionenbereich schlossen Experten nicht aus.

Autor: Nicole Scherschun (dpa, rtr, afp)
Redaktion: Fabian Schmidt

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