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Datenschutz statt Speicherwut

13. Oktober 2010

Alte Freunde wiederfinden, sich austauschen: Facebook und Co. machen es möglich. Vielen sozialen Netzwerken wird jedoch vorgeworfen, es mit dem Datenschutz nicht so genau zu nehmen. An Alternativen wird gearbeitet.

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Schatten von Jugendlichen vor dem Schriftzug von Facebook (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/dpa

Am Samstag feiern, am Montag die Bilder bei Facebook ansehen: Das ist fast normal geworden. Facebook ist aber nicht nur eine Plattform, auf der Menschen sich austauschen können. Sind Anmeldung und Nutzung scheinbar kostenlos, so zahlen die Nutzer in Wahrheit mit ihren persönlichen Angaben. Facebook braucht sie, um individualisierte Werbung schalten zu können.

Andere soziale Netzwerke verfahren ähnlich. Die Stiftung Warentest fand heraus, dass auch die US-amerikanischen Netzwerke Myspace und LinkedIn die Rechte ihrer Nutzer stark einschränken. Sich selbst behielten sie aber vor, die Daten an Dritte weitergeben zu dürfen. Als die "besseren Netze" in Sachen Datenschutz bewerteten die Tester StudiVZ und SchülerVZ. Beide schnitten mit dem Gesamturteil "einige Mängel" vergleichsweise gut ab.

Foto: dpa
Längst nicht alle sozialen Netzwerke gehen sorgsam mit Nutzerdaten umBild: picture alliance/dpa

Facebook und MySpace bekamen im Test die schlechtesten Noten. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) kündigte im Juni dieses Jahres ihre Mitgliedschaft, nachdem Facebook die Datenschutzrichtlinie geändert hatte. Zuvor mahnte sie in einem offenen Brief an den Facebook-Gründer Mark Zuckerberg: "Privates muss privat bleiben." Facebook hatte mitgeteilt, von nun an die Nutzerdaten automatisch an Dritte weiterzugeben. Generell kritisierte Aigner die Voreinstellungen für Facebook-Profile. Würden diese nicht geändert, willigten Nutzer automatisch ein, dass ihre persönlichen Daten weitergegeben und gar verkauft würden.

Facebook hilft bei der Selbstdarstellung

Jedoch wirken die Vorwürfe anscheinend wenig abschreckend: Facebook ist das derzeit beliebteste soziale Netzwerk. Rund 500 Millionen Nutzer tummeln sich auf dieser Plattform. Sie laden Bilder hoch und feilen an ihren persönlichen Profilen. "In unserer Gesellschaft ist Selbstdarstellung etwas Normales geworden", erläutert Bernadette Kneidinger, Kommunikationswissenschaftlerin an der Universität Wien. Viele Nutzer wüssten, wie Facebook mit ihren Datern umgeht. "Aber sie gehen das Risiko ein, weil sie sich im Netzwerk präsentieren wollen und weil sie denken: Mir wird schon nichts passieren." Kneidinger untersucht das Verhalten von Menschen in sozialen Netzwerken.

Die Professoren Hendrik Speck und Thorsten Strufe stören sich hingegen an der Datensammelwut von Facebook. Speck und Strufe wollen Menschen vernetzen, ohne dass die ihre persönlichen Daten dafür hergeben müssen. Die beiden arbeiten unabhängig voneinander an Alternativen zu dem derzeit beliebtesten sozialen Netzwerk.

Ein Bauplan für das eigene Netzwerk

Die Website www.helloworld-network.org (Foto: DW)
HelloWorld wird stets weiterentwickelt

"HelloWorld will die Daten der Nutzer den Krallen dieser kommerziellen Verwertungsmaschine wieder entziehen", sagt Hendrik Speck, Teamleiter des Projektes HelloWorld an der Fachhochschule Kaiserslautern. "Wir wollen eine funktionierende Dienstleistung anbieten, ohne dass eine einzelne Plattform die Kontrolle über sämtliche Daten, Bilder, Kommunikation und Termine der Nutzer hat", so Speck. Seine Studenten entwickeln eine Art Internetbauplan, mit dem Nutzer gemeinsam soziale Netzwerke aufbauen können. Dabei werden die Daten immer dezentral gespeichert, sodass niemand Zugriff auf alle Daten hat. HelloWorld ist ein Open-Source-Projekt, das heißt, es wird permanent weiterentwickelt. Jeder, der möchte, kann an HelloWorld mitarbeiten. Die jeweils aktuelle Version steht im Internet zum Herunterladen bereit.

Keine zentrale Datenspeicherung

Thorsten Strufe ist Professor an der Technischen Universität Darmstadt (Foto: privat)
Thorsten Strufe will ein sicheres Facebook anbietenBild: privat

Thorsten Strufe hat seiner Facebook-Alternative einen richtungsweisenden Namen gegeben: Safebook. "Wir haben von Anfang an den höchsten Wert auf Datenschutz gelegt", sagt Strufe. Er ist Professor an der Technischen Universität Darmstadt. Das Prinzip von Safebook ist, dass die Daten nicht zentral auf einem Server, sondern verteilt im System abgelegt werden. "Das heißt, die User speichern ihre Profile bei ihren Freunden ab, beziehungsweise die Profile ihrer Freunde sind bei ihnen abgespeichert", erläutert Thorsten Strufe. Safebook basiert auf einem sogenannten Peer-to-Peer-Netzwerk. Dabei werden Rechner miteinander verknüpft, die Daten bereitstellen und wiederum auf andere Rechner zugreifen können. Thorsten Stufe schätzt, dass Safebook innerhalb des nächsten Jahres zur Verfügung stehen wird.

Trendwende noch nicht in Sicht

Bleibt also nur noch eine Frage: Werden sich die Nutzer scharenweise bei Facebook abmelden und die Alternativen nutzen? Hendrik Speck und Thorsten Strufe glauben das nicht. Allerdings hat die Geschichte des Internets gezeigt, dass soziale Netzwerke einander ablösen. So verdrängte Facebook einst MySpace von Platz eins. Wann Facebook dieses Schicksal ereilen wird, ist unklar. Die Kommunikationswissenschaftlerin Bernadette Kneidinger erinnert an die Größe des Netzwerkes: "500 Millionen Nutzer müssten nämlich plötzlich entscheiden: Facebook erfüllt nicht mehr meine Wünsche, ich wandere jetzt ab ins neue Netzwerk."

Autorin: Gesche Brock

Redaktion: Dеnnis Stutе