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"Wir werden den Sturm überstehen"

2. Oktober 2010

Irlands EU-Parlamentarier sind optimistisch, dass ihr Land die Schuldenkrise meistert. In der Bevölkerung fehlt der Regierung jedoch die Unterstützung, ihre Sparpläne umzusetzen.

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Gebäude mit Schriftzug der Anglo Irish Bank (Foto: dpa)
34 Milliarden Euro stellt Irland bereit, um die Anglo Irish Bank zu rettenBild: picture alliance/Photoshot

Ein bisschen ähnele die irische Schuldenkrise Deutschlands Situation nach der Wiedervereinigung, sagte die irische Europaparlamentarierin Nessa Childers im Gespräch mit DW-WORLD.de. Schließlich hätten auch die Deutschen eine große finanzielle Last tragen müssen. Doch während die Bundesrepublik in diesen Tagen den 20. Jahrestag des historischen Ereignisses feiert, gehe in Irland mit den hohen Ausgaben kein freudiges Ereignis einher.

Die EU-Parlamentarierin Nessa Childers (Foto: pa/Wiktor Dabkowski)
"Ernste Lage": EU-Parlamentarierin Nessa ChildersBild: picture-alliance/Wiktor Dabkowski

Trotzdem mag man sich mit solchen Vergleichen derzeit in Irland Mut zusprechen angesichts der enormen finanziellen Aufgaben, die dem Land in den nächsten Jahren bevorstehen. Gerade erst hat der irische Finanzminister Brian Lenihan angekündigt, die Staatshilfen für die angeschlagene Anglo Irish Bank könnten im schlimmsten Fall mehr als 34 Milliarden Euro betragen. Damit würde das Staatsdefizit auf 32 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen - zehn Mal mehr, als der Euro-Stabilitätspakt erlaubt.

"Wir werden den Staatsbankrott verhindern"

Zementlaster mit Protestaufschrift vor dem irischen Parlament in Dublin (Foto: AP)
Protest gegen Bankenrettung - in der irischen Bevölkerung schwindet die Unterstützung für die RegierungBild: AP

"Die finanzielle Lage ist sehr ernst. Aber ich bin mir sicher, dass der Staatsbankrott verhindert werden kann", sagte die Labour-Abgeordnete Childers. Immerhin steht Irland besser da als das EU-Sorgenkind Griechenland. Denn Finanzminister Lenihan kann, anders als Griechenland im Frühjahr, noch die laufenden Verpflichtungen des Landes bedienen. Schon 2008 hatte die irische Regierung ihr erstes Sparprogramm beschlossen, hatte Kindergeld und Sozialleistungen gekürzt und die Gehälter im öffentlichen Dienst um 14 Prozent beschnitten.

Nun müssen sich die Iren auf weitere Einschnitte gefasst machen. Im November will die Regierung in Dublin ihren Plan vorlegen, wie sie bis 2014 ihr Defizit wieder unter den EU-Grenzwert von drei Prozent senken will. Marian Harkin, parteilose EU-Parlamentarierin aus Irland, rechnet jedoch damit, dass ihr Land für einen längeren Zeitraum, nämlich in den nächsten zehn Jahren, einen strengen Sparkurs einschlagen muss.

Einschnitte bei Bildung und Gesundheit

Die irische EU-Parlamentarierin Marian Harkin (Foto: Europäische Union)
"Die Bevölkerung ist unter Schock": EU-Abgeordnete Marian HarkinBild: Photo Europäisches Union

"Vor allem die schwächsten Teile der Bevölkerung werden davon betroffen sein", so Harkin. Sie rechnet damit, dass die Leistungen im Gesundheits- und Bildungsbereich stark zurückgefahren werden.

"Ich glaube daran, dass diese Sparmaßnahmen den Staatsbankrott verhindern werden. Gleichzeitig haben wir nicht mehr die völlige Kontrolle über das Schicksal unseres Landes, denn es wird sehr auf die Weltwirtschaft ankommen, ob wir es schaffen", sagte Harkin gegenüber DW-WORLD.DE.

"Bevölkerung unter Schock"

Auf die irische Bevölkerung kann die Regierung nicht zählen, wenn sie ihre Spar- und Rettungspläne umsetzt. Die Wähler haben das Vertrauen in ihre Regierung verloren. Laut "Irish Times" wünschen sich 61 Prozent der Iren, dass Premierminister Brian Cowen noch vor der nächsten regulären Wahl 2012 zurücktritt.

Die EU-Abgeordnete Harkin spricht von einem "Schockzustand", in dem sich die Iren derzeit befänden: "Natürlich wussten wir, dass es so kommen würde. Aber jeder hat wohl gehofft, dass es doch nicht passiert." Bis die Wähler wieder Vertrauen in ihre Politiker hätten, könnten viele Jahre vergehen.

Autorin: Brigitta Moll

Redaktion: Ursula Kissel