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EU-Landwirtschaftspolitik unter Reformdruck

21. September 2010

Die milliardenschweren Agrarbeihilfen sind ein riesiger Ausgabenposten. Sie sollen auf keinen Fall ansteigen. Aber keiner in der Union will abgeben. Wie reformiert man dann die EU-Landwirtschaftspolitik?

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Zwei Mähdrescher ernten parallel ein Getreidefeld ab (Foto: dpa)
Intensive EU-Landwirtschaft: die Großen profitieren am meisten vom Brüsseler GeldsegenBild: picture-alliance/ dpa

Die Eigenheiten belgischer Politik waren bei diesem Ministerrat in aller Deutlichkeit zu bestaunen: Nicht nur gibt es auch hundert Tage nach der Wahl keine neue Regierung auf Bundesebene, die belgische Landwirtschaftsministerin und Ratsvorsitzende Sabine Laruelle ist also nur geschäftsführend im Amt. Sondern ihr waren auch noch ein wallonischer und ein flämischer Amtskollege zur Seite gestellt. Nach einem Treffen der EU-Landwirtschaftsminister am Dienstag (21.09.2010) in der Nähe von Brüssel gaben sich aber alle drei vor der Presse betont einig in Fragen der Landwirtschaftspolitik. Dabei ist die Diskussion über eine grundlegende Reform dieses mit Abstand größten Postens des EU-Budgets in vollem Gange. Vor allem geht es um Einsparungen bei der sogenannten 1. Säule, den rein von der EU finanzierten Subventionen. Laruelle sieht aber auf EU-Ebene wenig Neigung zu radikalen Änderungen. “Jeder hat den Wunsch bekräftigt, dass diese erste Säule nicht renationalisiert wird, dass sie also weiterhin gemeinschaftlich finanziert wird.“ Und sie fügte hinzu, die europäische Landwirtschaft solle zwar wettbewerbsfähig sein, “den Bauern aber auch ein faires Einkommen sichern.“ “Faires Einkommen“ deutet nicht gerade auf das Ziel einer Subventionssenkung hin.

Tiefe Risse in der Union

Deutschlands Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (dpa)
Erwartet einen "heißen Kampf": Deutschlands Landwirtschaftsministerin Ilse AignerBild: picture-alliance/ dpa

Doch die Worte täuschen über tiefe Risse in der EU hinweg. Einmal drängen manche Länder wie Großbritannien oder Schweden eben doch darauf, die Landwirtschaftssubventionen insgesamt radikal zu kürzen. Es gibt aber auch einen Streit zwischen West und Ost, zwischen alten und neuen EU-Mitgliedern. Im Moment bekommen zum Beispiel polnische Bauern weniger EU-Subventionen als französische oder deutsche pro Fläche. Daher verlangen die östlichen Länder einen Pauschalbetrag pro Fläche. Frankreich und Deutschland haben dagegen in einem gemeinsamen Positionspapier gefordert, am bisherigen System festzuhalten. Laruelle spielte das Papier in der Pressekonferenz herunter. “Natürlich kann jeder Mitgliedsstaat allein oder zu zweit, zu fünft oder zu zehnt mit anderen Positionspapiere erstellen. Nun sind Frankreich und Deutschland – ich will Herrn Sarkozy nicht noch einmal damit belästigen – sicher grosse Länder, aber es gibt noch 25 andere.“ Das war auch eine Anspielung auf französische Äußerungen im Streit um die Roma-Abschiebungen, ein „großes Land“ wie Frankreich müsse sich von der Kommission nicht vorführen lassen.

Junge Leute wollen keine Bauern mehr werden

Doch nicht alle Probleme der EU-Landwirtschaftspolitik haben mit der Größe von Mitgliedsstaaten und der jeweils relativen Bedeutung der Landwirtschaft zu tun. Landwirtschaftskommissar Dacian Ciolos sieht mit Sorge, dass immer weniger junge Leute Bauern werden wollen. Man solle sich besonders um deren Interessen kümmern. “Ich will nicht riskieren, dass wir über gemeinsame Landwirtschaftspolitik streiten und es in einigen Jahren keine Bauern mehr gibt, mit denen man diese Politik umsetzen kann.“ Aber bei Hilfen für junge Landwirte geht es doch wieder um Geld. Die offenen Auseinandersetzungen um die Subventionen haben noch gar nicht richtig begonnen. "Das wird ein heißer Kampf“, prophezeite die deutsche Ministerin Ilse Aigner.

Autor: Christoph Hasselbach

Redaktion: Eleonore Uhlich