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Kandidatin ohne Chance bei Wahl in Venezuela

26. September 2010

Stimmungstest für Hugo Chavez: Venezuela hat ein neues Parlament gewählt. Margarita López Maya war einst eine glühende Anhängerin des Präsidenten - nun trat sie gegen seine Kandidatin an.

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Margarita López Maya steht vor einem ihrer Wahlplakate und lächelt (Foto: AP)
"Weder Chavez noch Opposition": Kandidatin Margarita López MayaBild: DW

Margarita López Maya ist eine Instanz in Venezuela. Die Historikerin und Leitfigur der linken Intellektuellen ihrer Heimat hat die von Präsident Hugo Chávez ausgerufene Bolivarische Revolution seit dem Wahlsieg des Linkspopulisten 1998 unterstützt. Sie verfasste Bücher über den sozialistischen Umschwung. Nachdem das Volk 2004 Chávez per Referendum im Amt bestätigt hatte, war sie die Ehrenrednerin in der Nationalversammlung. Bei den Parlamentswahlen am Sonntag (26.09.2010) aber trat López Maya im Wahlkreis 3 der Hauptstadt Caracas für die kleine Linkspartei PPT ("Patria para Todos", "Vaterland für Alle") an - gegen die Kandidatin des Präsidenten.

Warum? "Chávez' politisches Projekt ist nicht mehr dasselbe wie zu Beginn seines Amtes", sagt López Maya. "Der Präsident hat sich von einer partizipativen Demokratie, in der von unten nach oben entschieden wird, abgewandt. Er propagiert nun einen autoritären und militaristischen Sozialismus."

Extreme zusammenbringen

Margarita López Maya steht verteilt Werbeflyer für ihre Partei (Foto: AP)
Zum Wahlkampf gehört auch das Verteilen von WerbeflyernBild: DW

Die pensionierte Uni-Professorin ist eines der bekanntesten Gesichter in der jungen politischen Strömung der Chávez-Dissidenten. Die Partei PPT mit ihren sechs Abgeordneten im scheidenden Parlament ist in diesem Jahr aus der Regierungskoalition ausgetreten. "Wir sind weder Chávez noch die Opposition. Beide Kräfte leben von der Polarisierung. Venezuela braucht einen dritten Weg, der die Anhänger beider Extreme wieder zusammenbringt", sagt die Kandidatin.

Präsident Chávez habe in seiner ersten Amtszeit mit den Sozialmissionen die Armut bekämpft und mittels der Einführung von Volksabstimmungen und Kommunalen Räten die politische Beteiligung der Bürger aktiviert. "Das sind Erfolge, die wir bewahren wollen", sagt López Maya. Als der von seinen Anhängern abgöttisch verehrte Staatschef am 14. April 2002 nach einem kurzlebigen Putsch wieder ins Amt zurückkehrte, stand die jugendlich wirkende 60-Jährige in der Menschenmenge, die ihn vor dem Präsidentenpalast Miraflores jubelnd begrüßte.

Bruch mit Chávez

Doch seit der Parlamentswahl 2005, mit der Chávez dank eines Oppositionsboykotts die hundertprozentige Kontrolle über die Legislative gewann, habe sie sich von der Regierungspolitik zunehmend distanziert, erinnert sich López Maya. Das Fass zum Überlaufen brachte dann die von dem umstrittenen Staatschef vorgelegte Verfassungsänderung zwei Jahre später. "Mit diesem Projekt verriet Chávez seine wahren Absichten, die unbegrenzte Wiederwahl und die Zentralisierung der Macht in seiner Person."

Chávez verlor das Referendum über die Verfassungsänderung zwar knapp, hat wesentliche Elemente seines Vorschlags danach aber etappenweise mittels Gesetzen eingeführt. "Er verkauft sein Regierungsmodell als partizipative Demokratie, in Wirklichkeit aber kriminalisiert er diejenigen, die von seinen Vorstellungen abweichen", sagt López Maya.

"Chávez hat mich enttäuscht, doch bin ich noch immer eine Vertreterin der Linken", gesteht López Maya. Als ihm die Kandidatin während des Wahlkampfs ein Faltblatt in die Hand drückt, sagte ein Mann: "Chávez gehört nach Kuba, so viel Geld wie der schon geraubt hat." Ein anderer will wissen, warum sie nicht im staatlichen Fernsehen auftritt. "Die laden mich gar nicht erst ein", antwortet López Maya.

Kaum Chancen für López Maya

Margarita López Maya spricht mit einem Passanten(Foto: AP)
Margarita López Maya versucht, Menschen für ihre Politik zu überzeugenBild: DW

Im Parlament will die Sozialforscherin für eine stärkere Autonomie der Legislative kämpfen, die unter Chávez zu einem reinen Absegungsorgan verkommen ist. Die Abgeordneten hätten nicht verhindert, dass in den "letzten fünf Jahren nur für einen Teil der Bevölkerung, für die Chávistas, regiert wurde. Das hat die Demokratie geschwächt. Wir müssen endlich akzeptieren, dass es eine große Vielfalt an politischen Meinungen gibt", fordert die politische Quereinsteigerin.

Ohne Unterstützung eines großen Parteiapparates und Medienpräsenz hat López Maya allerdings kaum Chancen auf einen Einzug in die Nationalversammlung. Für die Zukunft gebe es jedoch durchaus noch Platz für eine Kraft zwischen Chávismo und Opposition, sagt Luis Vicente Leon vom Meinungsforschungsinstitut Datánalisis. Denn fast die Hälfte der Venezolaner sind sogenannte "ni-ni" ("weder noch"), die sich weder durch den einen noch durch den anderen Pol vertreten fühlen.

Autor: Thomas Wagner
Redaktion: Marco Müller