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Säe dein Haus!

Emili Vinagre14. September 2010

Bambus ist ein beeindruckendes Baumaterial. Die Pflanze ist flexibel, leicht, robust und wächst schnell. Dennoch hat der Bambus Probleme, von einem simplen Handwerksmaterial zu einem seriösen Baustoff zu werden.

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Bambus Pflanze AsienBild: Fotolia/Tran-Photography

Menschen verwenden Bambus schon seit Jahrhunderten. Viele Völker kennen seine Eigenschaften und nutzen den "pflanzlichen Stahl" zur Konstruktion ihrer Häuser, auch heute noch. Die außergewöhnlichen Eigenschaften als Baumaterial, der nachhaltige Charakter und der daraus resultierende Nutzen für die Natur könnten Bambus zu einem gefragten Baustoff der Zukunft machen.

Wunderbaum für nachhaltiges Bauen

Schließlich ist das Gewächs nicht nur leicht und flexibel, sondern auch außergewöhnlich stabil. Diese Eigenschaften kennt Francisco Gallo ganz genau. Der 43-jährige Kolumbianer stammt aus Pereira, einer Region, in der Bauernhäuser schon seit Urzeiten aus Bambus gebaut werden. Außerdem hat sich der promovierte Architekt in Spanien zum "Umweltadministrator" ausbilden lassen. Sein Abschlussthema dort war ein Projekt zu nachhaltigem Wohnen auf Bambus-Basis. 2009 bekam er dafür von der Stiftung Altran den renommierten Preis für innovative Umweltprojekte.

Bambushaus (Foto: koolbamboo.com)
Stabile Konstruktion – Bambushaus in KolumbienBild: koolbamboo

Keine Pflanze wächst wie der Bambus, sagt Gallo. Teilweise schafft er bis zu 15 Zentimeter am Tag. Das macht in einem halben Jahr ein Wachstum von bis zu 35 Metern. Drei Jahre dauert es insgesamt, dann ist Bambus ausgewachsen und stabil genug zum Hausbau.

Im Gegensatz zu Holz verschwinden bei der Bambus-Rodung nicht die kompletten Pflanzen. Sobald man den Strunk vom Stamm trennt, wächst sehr schnell ein neuer nach. Bambus ist also sehr nachhaltig in seinem Anbau. Er bietet noch mehr Vorteile für die Umwelt, so Gallo: "Wenn wir Bambus anstelle von Backsteinen, Zement und Stahl verwenden, vermeiden wir eine große Menge CO2 - mehr als 200 Tonnen Kohlendioxid pro Hektar." Außerdem trägt Bambus zur Erhaltung der Arten bei, hilft gegen Erosion, ist biologisch abbaubar und reguliert das Grundwasser. "Ein einziger Hektar Bambus bindet so viel Gundwasser, dass 150 Personen damit versorgt werden könnten", sagt Gallo.

Bambus im Bau (Foto: CC/ Ioan Sameli)
Baustoff der Zukunft – Bambus wird oft schon zum Hausbau eingesetztBild: CC/ Ioan Sameli

Vom Handwerksmaterial zum Industriebaustoff

Bambus lässt sich auf fast allen Kontinenten anbauen, nur Europa ist eine Ausnahme, weil es dem Baum hier oft zu kalt ist. Und nicht alle der insgesamt 600 Bambusarten sind als Baumaterial geeignet. Dazu brauchen die Pflanzen sehr spezielle Eigenschaften. Guadua ist so ein Idealbambus. Francisco Gallo kennt diese Pflanze sehr gut, sie ist das vorherrschende natürliche Baumaterial in Kolumbien. "Wir sagen: 'Säe dein Haus'", erklärt der Architekt. Die Bedeutung von Guadua als Baumaterial sei immens.

Nichts spricht dagegen, Bambus als "pflanzlichen Stahl" tatsächlich auch anstelle anderer herkömmlicher Baustoffe einzusetzen. Die Industrie müsse sich nur endlich bewegen, meint Gallo. Tests seien notwendig. "Bei Bauelementen ist wichtig zu wissen, wie fest und witterungsbeständig sie sind. Und solche Tests muss man endlich auch mit Bambus machen."

Das setzt nicht nur neue Technologie voraus. Auch Hindernisse in der Gesetzgebung müssten überwunden werden – zum Beispiel die Zertifizierungen für den Bambus, um anspruchsvolle Märkte, wie den europäischen, beliefern zu dürfen. Hier hat Holz mit seiner jahrhundertelangen, industriellen Tradition deutliche Vorteile gegenüber dem Bambus.

Image-Problem in den Industrieländern

Außerdem hat Bambus in den Industriestaaten keine Lobby. "Wenn man von Bambus spricht, driftet die Vorstellung vieler Leute in tropische Regionen ab, in denen auf romantischen Inseln Hütten aus Bambus stehen, die man allenfalls in den Ferien bewohnen möchte", erklärt Francisco Gallo. Die ökologische Seite des Bambus müsse hervorgehoben werden. Das würde ihm zu deutlich mehr Popularität verhelfen. Und ebenso die ökonomische: "Momentan kann man nicht sagen, dass es ökonomischer wäre, mit Bambus zu bauen. Allerdings wäre eine Konstruktion mit Bambus über die Lebensdauer eines Gebäudes kostengünstiger, denn er isoliert besonders gut und hilft so die Heizkosten zu reduzieren.“

Sperrholz aus Bambus (Foto: Moosicorn.com)
Bretter – Bambus lässt sich verarbeiten wie gängiges HolzBild: Moosicorn.com

Das Bauen auf Bambus-Basis könnte für die Produzentenländer selbst und für Schwellenländer zu einer Quelle wirtschaftlichen Aufschwungs werden. Arbeitsplätze würden geschaffen, hofft der Architekt. Schließlich brauche die Bambusindustrie weder große Maschinen noch eine ausgeprägte Infrastruktur. Und die Zahlen zeigen, dass der Bausektor eine enorm wichtige Position in der Wirtschaft der Schwellenländer einnimmt: 21% des Bruttoinlandsprodukts sind dort auf den Bausektor zurückzuführen. Das ist fast das Dreifache des weltweiten Durchschnittswertes. Schwellenländer werden sich in den kommenden Jahrzehnten extrem auf den Ausbau ihrer Städte konzentrieren. Der Satz "Säe dein Haus" könnte in diesem Zusammenhang mehr Sinn machen als je zuvor.